Die Gewerkschaften fürchten, dass mehr Konkurrenz bei der Bodenabfertigung die Arbeitsbedingungen für die Angestellten weiter verschlechtern könnte. Im Kampf gegen Sparrunden hat das Bodenabfertigungspersonal in Genf bereits mehrmals gestreikt. Zuletzt demonstrierten Swissport-Angestellte im vergangenen Jahr gegen Lohnsenkungen. Schliesslich einigten sich die Sozialpartner auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag.
Doch der Frieden ist fragil. Im März entscheidet der Verwaltungsrat des Genfer Flughafens über die Erneuerung und Vergabe der Konzessionen für die Bodenabfertigung. Derzeit behandelt die Firma Swissport, die letztes Jahr vom chinesischen Luftfahrtkonzern HNA übernommen worden war, etwa 70 Prozent des in Genf anfallenden Gepäcks.
Den Rest übernimmt Rivalin Dnata. Nachdem die Grenze von 15 Millionen Passagieren 2015 geknackt wurde, ist es nun denkbar, dass ein drittes Unternehmen auf den Plan tritt.
Aufgrund des Preiskampfes zwischen den beiden Bodenabfertigern hätten sich die Arbeitsbedingungen der Angestellten stark verschlechtert, sagte Emanuelle Joz-Roland, Generalsekretärin bei der Gewerkschaft SIT, am Donnerstag vor den Medien. Die Situation der Arbeitnehmenden müsse ein wichtiges Kriterium bei der Vergabe der Konzessionen sein.
Eine Möglichkeit sieht die Gewerkschaft in Garantien der Unternehmen. Einer der sieben Kandidaten, das bereits am Flughafen Zürich tätige Unternehmen AAS, hat mit der Gewerkschaft eine neue Vereinbarung getroffen. AAS verpflichtet sich darin, das notwendige Personal zu übernehmen, ähnliche Lohnkonditionen wie Swissport - also grosszügiger als Dnata - zu bieten, die Hälfte der Gewinne den Beschäftigten zu Gute kommen zu lassen und ihnen zwei Sitze im Verwaltungsrat anzubieten.
Die nächsten Konzessionen treten im Oktober in Kraft. AAS sieht sich nach eigenen Angaben weniger dem Streben nach Profitmaximierung ausgesetzt als seine Konkurrenten aus China oder den Emiraten. Für AAS wäre eine Konzession in Genf ein Mittel, um den Marktanteil von heute 7 Prozent in Zürich zu erhöhen.
«Wenn AAS ausgewählt wird, erlaubt dies den jahrelang andauernden sozialen Konflikten am Flughafen ein Ende zu setzen», erklärte ein Vertreter der Gewerkschaft PUSH, Henri-Pierre Mullner. «Das ist eine absolute Neuheit.» AAS trage dazu bei, die Arbeitsbedingungen vor Ort zu verbessern. Laut Mullner besteht die Gefahr, dass Swissport die Löhne um 10 bis 15 Prozent senken könnte, wenn Dnata ihre Konzession behält. Dann wären seiner Meinung nach weitere Arbeitskämpfe vorprogrammiert.
Den Angestellten werde immer mehr abverlangt, ohne diese Anstrengungen zu honorieren, sagte ein Gewerkschaftsdelegierter von Swissport. Heute müsste sich ein Angestellter um das Gepäck von acht bis neun Flugzeugen kümmern, früher seien es rund sechs gewesen.
Unfälle und Krankheitsfälle nähmen zu, was dazu führe, dass manchmal niemand da sei, der sich um die Maschinen kümmern könnte. Das gefährde das Funktionieren des gesamten Flughafenbetriebes, warnen die Gewerkschaften.