Neun Milliarden Euro schwer ist das staatliche Hilfspaket, das die Aktionäre der Lufthansa am Donnerstag fast einstimmig angenommen haben. Die grösste Fluggesellschaft Europas ist gerettet – und mit ihr die Tochterairline Swiss.
Zuvor herrschte wochenlang Ungewissheit über den Ausgang der Abstimmung: Heinz Hermann Thiele (79), mit einem Anteil von 15 Prozent der grösste Einzelaktionär des deutschen Konzerns, gab sein Einverständnis erst am Vorabend der Versammlung bekannt. Dass der Multimilliardär schliesslich zustimmte, verwundert den Aviatik-Experten Tim van Beveren (59) nicht: «Weder Thiele noch die deutsche Bundesregierung konnten es sich leisten, die Lufthansa zu grounden.»
Die Bundesregierung in Berlin gewährt der Lufthansa Kredite und stille Einlagen. Und bekommt dafür 20 Prozent der Aktien – zu einem Preis weit unter Kurswert. Lufthansa-CEO Carsten Spohr (53) machte noch an der Hauptversammlung klar: «Das Stabilisierungspaket ist kein Geschenk. Wir werden für die Rückzahlung bis zum letzten Cent hart arbeiten müssen.» Weil Spohr den Staat so schnell wie möglich wieder aus dem Konzern heraushaben will, kündigte er an, die Bundesgelder bis 2023 vollständig abzustottern.
100 Flugzeuge weniger
Ohne knallharte Restrukturierungsmassnahmen ist das jedoch unmöglich. Die Lufthansa wird 100 von ihren insgesamt 763 Flugzeugen aus dem Verkehr nehmen. 22'000 der knapp 140'000 Arbeitsplätze stehen zur Disposition.
Doch Spohrs Angestellte wehren sich mit Händen und Füssen. Dabei erzielte die Kabinengewerkschaft Ufo noch vor der Hauptversammlung einen Erfolg: Beim Kabinenpersonal wird es keine Entlassungen geben.
Die Verhandlungen mit den Gewerkschaften des Bodenpersonals und der Piloten dürften für die Lufthansa-Führung noch härter werden. Hinzu kommt: Mit dem Rettungspaket steigt auch der politische Druck auf CEO Spohr, die Finger vom Personal zu lassen. Doch sparen muss er. Fragt sich also: Wie?
Swiss ist die profitabelste Airline
«Wenn es ganz schlimm kommen würde, müsste Lufthansa das Tafelsilber verkaufen», sagt Aviatik-Experte Stefan Eiselin (52). Das heisst: Spohr müsste Airlines und technische Betriebe abstossen.
Die wertvollste Gesellschaft des Lufthansa-Netzwerks aber ist die Swiss. Steht sie schon bald zum Verkauf? «Diese Option würde der Konzern nur im Notfall wählen», sagt Eiselin. «Denn die Swiss ist die profitabelste Airline des Lufthansa-Netzwerks und sehr eng in den Konzern integriert.»
Auch Andreas Wittmer (46), Leiter des Center for Aviation Competence an der Uni St. Gallen, sagt: «Ein Verkauf der Swiss ist die Ultima Ratio (das letzte Mittel; Red.).» Anders sehe das bei Austrian Airlines und Brussels Airlines aus. «Die beiden Fluggesellschaften liefern seit Jahren schwache Resultate – obwohl die Flugbranche seit 2010 Hochkonjunktur hatte.»
Exklusive Landerechte in Zürich
Doch wie viel würde die Swiss kosten? Die Airline wird nicht selbst an der Börse bewertet: Ihr Aktienkapital liegt zu 100 Prozent bei der Lufthansa. Der Wert der Swiss ist also verhandelbar.
Klar ist: Die Swiss besitzt eine hochwertige Flotte und exklusive Landerechte in Zürich. Dieser Marktzugang steigert ihren Wert. Zudem erwirtschaftete die Airline in den letzten Jahren mehr Gewinne als die Lufthansa, die etwa fünfmal so gross ist.
«Wenn die Swiss zum Verkauf stünde, müsste für sie wohl ein beträchtlicher Preis bezahlt werden», sagt Andreas Wittmer. «Das gilt aber nur, wenn sie auch nach dem Verkauf über Kooperationen im Lufthansa- oder einem anderen Netzwerk verfügen könnte. Denn ohne diesen Zugang ist die Swiss kaum nachhaltig überlebensfähig.»
Bei den Verhandlungen über eine Finanzspritze für die Swiss fordern die Grünen eine Preisgrenze für Flüge aus der Schweiz. Kein Ticket dürfe weniger als hundert Franken kosten, so der Antrag der Ökopartei für die morgige Sitzung der Verkehrskommission.
«Es kann nicht sein, dass mit diesem Deal Steuergeld ohne irgendwelche Vorgaben in die Kassen der Swiss fliesst», sagt die Fraktionschefin der Grünen, Aline Trede (36, BE).
Mit Ausnahme der Flugticketabgabe leiste die Luftfahrt keinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, so die Grünen-Nationalrätin weiter: «Nun aber soll die Swiss gestützt und via Staatshaushalt Dumpingflüge subventioniert werden. Dagegen wehren wir uns!»
Bei den Verhandlungen über eine Finanzspritze für die Swiss fordern die Grünen eine Preisgrenze für Flüge aus der Schweiz. Kein Ticket dürfe weniger als hundert Franken kosten, so der Antrag der Ökopartei für die morgige Sitzung der Verkehrskommission.
«Es kann nicht sein, dass mit diesem Deal Steuergeld ohne irgendwelche Vorgaben in die Kassen der Swiss fliesst», sagt die Fraktionschefin der Grünen, Aline Trede (36, BE).
Mit Ausnahme der Flugticketabgabe leiste die Luftfahrt keinen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, so die Grünen-Nationalrätin weiter: «Nun aber soll die Swiss gestützt und via Staatshaushalt Dumpingflüge subventioniert werden. Dagegen wehren wir uns!»