Luftfahrt-Profi neu an Bord
Was plant Airbnb im Transportbereich?

Apartmentvermittler Airbnb gründet eine neue Firmensparte Transportation. Und holt sich dafür einen Airline-Veteranen mit Swiss-Connection.
Publiziert: 11.02.2019 um 16:44 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2019 um 16:53 Uhr
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Wie Airbnb verkündet, will man in ein neues Geschäftsfeld einsteigen: Transport.
Foto: AFP
Andreas Güntert («Handelszeitung»)

Über fünf Millionen Objekte in mehr als 80'000 Städten der Welt, Millionen von Gastgebern und Gästen, Firmenwert 31 Milliarden Dollar: In nur zehn Jahren hat sich Airbnb von einer mickrigen Studi-Gründung zum Gamechanger der Touristik hochgeschwungen.

Jetzt plant das Unternehmen, das in den letzten zwölf Monaten rund 900'000 Gäste in die Schweiz gebracht hat, den nächsten Schritt. Wie Airbnb verkündet, will man in ein neues Geschäftsfeld einsteigen: Transport. Dazu hat Airbnb jetzt einen Luftfahrt-Profi zum «Global Head of Transportation» eingesetzt. Dies in der Person von Fred Reid, der auf drei Jahrzehnte Airline-Erfahrung zurückblickt.

Unter anderem war Reid Chef der Lufthansa-Passage, COO bei Delta Airlines, und von 2004 bis 2007 CEO von Virgin America. Seit 2015 sitzt Reid zudem auch im Verwaltungsrat des Schweizer Airline-Caterers Gategroup.

Aviatik-Experte Thomas Jäger vom Datenanbieter CH-Aviation in Chur kennt Fred Reid persönlich. Und attestiert dem Airline-Veteran mehr als nur Kerosin im Blut: «Ein Aviatik-Insider zwar, aber er interessiert sich für mehr als Fliegerei. Fred kennt und verfolgt alle neuen Trends in der Welt des Personentransports.» Zuletzt war Reid Präsident des Cora Aircraft Programs, wo er für die Entwicklung eines elektrischen Lufttaxis zuständig war.

Keine eigene Airline

Was Airbnb genau plant für das Thema Transport, gibt die Firma noch nicht bekannt. Immerhin sagt Firmenchef Brian Chesky, was er nicht vorhat: «Ich bin nicht daran interessiert, eine eigene Fluggesellschaft aufzubauen oder einfach einen weiteren Ort im Internet zu schaffen, wo man ein Flugticket kaufen kann.»

Aber irgendetwas ist im Busch. Denn Chesky ortet ein «enormes Potenzial, das Reiseerlebnis für jeden zu verbessern.» Für Roland Schegg vom Walliser Tourismus Observatorium ist das nachvollziehbar. Der Tourismus-Professor, der seit Jahren zum Thema Airbnb forscht: «Wenn man Reisen als eine Kette von Dienstleistungen betrachtet, kann ein Einstieg von Airbnb in den Transportsektor durchaus Sinn machen.»

Die Frage sei einfach, «ob und wie das Unternehmen den Airbnb-Spirit des Teilens hier einbringen wird.» Ein Auto-Sharing wäre hier allenfalls noch denkbar, aber mit einem eigenen Jet zum Teilen haben wohl die wenigsten Leute Platz in ihrer Garage.

Web-Traffic nutzen

Jäger vermutet, dass Airbnb in erster Linie mehr aus den gewaltigen Besucherströmen auf der Website machen will. Immerhin gilt die Firma gemäss dem Analyse-Dienst Similar Web im Bereich «Unterkunft und Hotels» weit vor Hotelgruppen wie Accor, Hilton oder Hyatt und gleich hinter Booking.com als diejenige Website mit dem zweitstärksten Besucheraufkommen der Welt.

«Es dürfte der Firma darum gehen, ihren riesigen Web-Traffic und ihr gewaltiges Buchungsvolumen noch besser abzuschöpfen», sagt Jäger. «Airbnb will sich, einfach gesagt, ein grösseres Stück vom Reise-Kuchen abschneiden.»

«Es könnte», mutmasst Jäger, «in Richtung Reise-Aggregator gehen, dass Airbnb also seinen Gästen zusätzlich zur Unterkunft personalisierte Angebote aus Bereichen wie Airport-Lounge-Eintritt, Valet-Parking, Fast-Track-Zugang am Flughafen sowie auch Bahn- und Flug-Tickets machen würde.»

Letzte Meile aufbrechen

Wie Airbnb-Gäste auf der langen Strecke reisen, ist das eine. Das andere: Wie sie den letzten Kilometer bis zur Unterkunft zurücklegen. Hier könnte ein Geschäftsfeld für den neuen Transportchef von Airbnb liegen, vermutet Schegg:  «Beim Thema Transport könnte es sich auch um die letzte Meile, etwa vom Flughafen oder vom Bahnhof zum Apartment, handeln. Gerade dieser Abschnitt ist oft ein Friktionspunkt, den man besser lösen könnte als heute üblich.»

Während das Modell Airbnb bisher davon lebte, dass Menschen in aller Welt ihre Häuser und Wohnungen vermieteten, scheint sich die Firma beim Thema Transportenger mit bestehenden touristischen Playern verzahnen zu wollen.

Diesen Schluss kann man mindestens bei der Airbnb-Ankündigung der nächsten Schritte des neuen Transportchefs der Firma ziehen: «Fred Reid und sein Team werden die Airbnb-Plattform nutzen und mit anderen Unernehmen der Reise- und Tourismusbranche zusammenarbeiten.» Der Hotel-Schreck von einst will also zum Partner jener Branche werden, die er disruptiert hat. 

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.

Dieser Artikel wurde in der «Handelszeitung» veröffentlicht. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.handelszeitung.ch.

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