Hier wird der Kaffee schnell bar bezahlt, dort werden noch ein paar Banknoten abgehoben – Geld wechselt täglich so oft wie kein anderer Gegenstand seinen Besitzer. Beängstigend wird diese Vorstellung nun in Corona-Zeiten. Viren fühlen sich auf der Oberfläche von Nötli und Münzen besonders wohl. Ansteckungsgefahr durch Bargeld! Die Läden reagieren. «Wir bitten Sie, im Moment aus Sicherheitsgründen möglichst mit Karte oder kontaktlos zu bezahlen», heisst es beispielsweise in den Coop-Vitality-Apotheken.
An vielen Kassen prangt bereits ein solcher Hinweis. Aber mit der EC- oder Kreditkarte kann man in der Schweiz nur bis zu 40 Franken kontaktlos zahlen. Bei höheren Beträgen müssen die Kunden trotzdem ihre PIN auf dem Bezahlterminal eintippen. Damit wärs das auch schon wieder mit dem Hygieneschutz.
Darauf reagieren nun Banken und Kartenanbieter. BLICK weiss von Beteiligten: Das Limit von 40 Franken soll auf 80 Franken verdoppelt werden. Wann passiert das? Ein Datum stehe noch nicht fest, heisst es. Aber innerhalb der nächsten Wochen werde man so weit sein. Schliesslich soll das neue Limit ja noch in der Krise helfen – nicht erst danach.
Wie Mastercard, Visa und andere beteiligten am Mittwoch öffentlich machten, soll die Limitenerhöhung zeitnah umgesetzt werden und bis auf Weiteres gelten. Bis Mitte April werden demnach sämtliche Schweizer Kartenherausgeber und Händler ihre technische Infrastruktur sowie die Bezahlterminals anpassen.
Lieber Hände weg
Kontaktloses Zahlen war schon vor der Krise beliebt. Laut dem Kreditkartenanbieter Mastercard laufen bereits 75 Prozent aller Zahlungen in Europa kontaktlos ab. In anderen europäischen Ländern wurde wegen Corona die Limite der Mastercard für Zahlungen ohne PIN-Eingabe bereits erhöht. In Deutschland, den Niederlanden oder Spanien beispielsweise wurde sie von 25 auf 50 Euro erhöht.
In der Schweiz braucht es offensichtlich etwas länger. «Eine Erhöhung der Limite ist nicht einfach mal so von einem Tag auf den anderen durchzuführen», sagt Thomas Hodel, Geschäftsführer der Swiss Payment Association, der Branchenorganisation des Schweizer Kreditkartenmarktes. «Das Funktionieren des Zahlungssystems muss stets gewährleistet sein.»
Technische Herausforderungen
Eine Erhöhung der Limite trifft auf technische Herausforderungen. So muss bei gewissen Karten der Chip aktualisiert werden. Bei Zehntausenden Terminals muss zudem die Software mit einem Update versehen werden.
Wird die Limitenerhöhung auch nach der Krise fortbestehen? Das hängt laut Experte Hodel von den Konsumenten ab: «Wichtig ist, dass wir auch auf die Akzeptanz bei den Karteninhaberinnen und -inhabern achten – sie müssen sich mit einer höheren Limite wohlfühlen.»
Gewinner der Krise
Ein kontaktloses Bezahlen mit höheren Limiten ist auch heute schon möglich. Wenn Kunden mit Apps wie Apple Pay, Samsung Pay, Google Pay, Twint oder Fitbit Pay bezahlen.
Dabei wird die Kreditkarte im Handy hinterlegt, und los gehts. Der Handybezahl-Dienst Twint spürt diesen Trend deutlich. Die Neuanmeldungen haben sich seit Corona mehr als verdoppelt – von 3000 Anmeldungen vor Corona auf derzeit 7000 Anmeldungen pro Tag gegenwärtig.
«Sogar kleine Shops und Hofläden interessieren sich jetzt noch mehr für Twint», so Sprecher Victor Schmid. Auch online werde öfter mit Twint bezahlt. Das Erstaunliche: «Die Leute kaufen trotz Krise im Versandhandel mehr ein als vor der Krise», so Schmid mit Blick auf die Zahl der Twint-Transaktionen.
Virenschleuder Bargeld
Eine Studie des Genfer Universitätsklinikums zeigt, dass Viren recht lange auf Scheinen überleben können. Getestet wurde, wie lange Grippeviren auf Banknoten überleben. Normale Grippeviren hielten sich über zwei Wochen. Vor allem auf Euro-, Dollar- und Franken-Scheinen fühlen sie sich wohl. Das liegt an der beschichteten Baumwollmischung, die Oberfläche ist relativ glatt.
«Eine Ansteckung über Bargeld ist grundsätzlich möglich», sagt der Leiter der Abteilung Impfempfehlung und Bekämpfungsmassnahmen im Bundesamt für Gesundheit, Mark Witschi. Es kann zur Infektion kommen, wenn kontaminierte Banknoten berührt werden und die Person sich anschliessend in die Augen, an den Mund oder an die Nase fasst.
Kein Wunder also, bezahlen derzeit so viele lieber bargeldlos.
Die täglichen EC-Karten-Einkäufe sind seit dem Lockdown am 16. März 2020 in der Schweiz um 32 Prozent eingebrochen. Das fanden Forscher an der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Berner Datenfirma Novalytica heraus. Demnach haben die Menschen vor dem Lockdown mit ihren EC-Karten 227 Millionen Franken ausgegeben. In den drei Wochen seit der Schliessung von nicht essenziellen Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetrieben waren es nur noch 155 Millionen Franken. Eine interessante Feststellung der Forscher: Schon vor dem Lockdown waren Barzahlungen recht beliebt. Und das hat auch in der Krise nicht nachgelassen. Zwar ist der Konsum insgesamt heruntergegangen, aber noch heute werden 52 Prozent der Transaktionen in bar bezahlt – vor dem Lockdown waren es 54 Prozent. Ausserdem fanden die Forscher heraus, dass die Menschen vor den 16. März vermehrt am Wochenende shoppen waren. Seit der Schliessung der Läden kaufen sie nun die ganze Woche über verteilt ein. Die Forscher vermuten daher, dass das Weekend-Shopping zu den «weniger essenziellen» Einkäufen gehörte. Franziska Scheven
Die täglichen EC-Karten-Einkäufe sind seit dem Lockdown am 16. März 2020 in der Schweiz um 32 Prozent eingebrochen. Das fanden Forscher an der Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit der Berner Datenfirma Novalytica heraus. Demnach haben die Menschen vor dem Lockdown mit ihren EC-Karten 227 Millionen Franken ausgegeben. In den drei Wochen seit der Schliessung von nicht essenziellen Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetrieben waren es nur noch 155 Millionen Franken. Eine interessante Feststellung der Forscher: Schon vor dem Lockdown waren Barzahlungen recht beliebt. Und das hat auch in der Krise nicht nachgelassen. Zwar ist der Konsum insgesamt heruntergegangen, aber noch heute werden 52 Prozent der Transaktionen in bar bezahlt – vor dem Lockdown waren es 54 Prozent. Ausserdem fanden die Forscher heraus, dass die Menschen vor den 16. März vermehrt am Wochenende shoppen waren. Seit der Schliessung der Läden kaufen sie nun die ganze Woche über verteilt ein. Die Forscher vermuten daher, dass das Weekend-Shopping zu den «weniger essenziellen» Einkäufen gehörte. Franziska Scheven