Montag in der letzten Woche: Die SBB rufen zur «Pressewerkstatt Pünktlichkeit». Die Bahnchefs Andreas Meyer (58) und Toni Häne (64) entschuldigen sich für strategische Entgleisungen, zum Beispiel bei der Fahrplanpünktlichkeit und Fehlplanungen bei Lokführern.
Im gleichen Atemzug kündigen sie Massnahmen an. Damit wollen sie des aktuellen Verspätungschaos und Störungen im Personenverkehr Herr werden.
Hier rechneten die SBB jedoch nicht mit den Bahnaufsehern. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat gröbere Vorbehalte gegenüber Meyers Plänen. «Eine Absprache hat bislang nicht stattgefunden», sagt Andreas Windlinger zu BLICK. Doch die sei unabdingbar, so der Sprecher des BAV weiter. Er bestätigt damit einen Bericht der «SonntagsZeitung». Sie berichtete vom «Auflaufen» Meyers beim BAV im Nachgang zur Pressewerkstatt.
Warum spricht sich Meyer nicht ab?
Eine Absprache mit dem BAV ist nötig bei Massnahmen, die direkten Einfluss auf die Kapazität haben – also wenn es beispielsweise um Fahrzeitreserven, Haltestellenpolitik oder das Tempo beim Angebotsausbau geht.
Das heisst, einzelne Linien oder Haltestellen darf die Bahn gemäss BAV nicht einfach ausfallen lassen, um die Pünktlichkeit, wie sie der Fahrplan vorgibt, zu erreichen. «Die Vorgaben der Konzession müssen eingehalten werden.» Auch bei seinen Plänen, vermehrt auf Bahnersatzbusse zu setzen, auf schwach frequentieren Strecken Busse zu Randzeiten systematisch Ersatz einzusetzen, pfeift das BAV Meyer zurück. Das sei nicht tolerierbar.
Auch die Netzausbauten dürfen nicht unterwandert werden, um Reserven beim Fahrplan rauszuholen. Das BAV: «Die SBB dürfen geplante Umsteigezeiten, Fahrzeitreserven und Angebote nicht einseitig anpassen.» Insgesamt sollen die angesprochenen Massnahmen «höchstens punktuell» ergriffen werden. «Und nur, wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind», heisst es in Richtung Meyer.
Auch BAV hat Massnahmen parat
So viel dazu, wie realistisch Meyers Ideen sind.
Doch auch das BAV plant Massnahmen gegen Verspätungsprobleme. «Wir geben dem Thema Pünktlichkeit mehr Gewicht», sagt ein Sprecher gegenüber dem SonntagsBlick. Es sieht eine Integration der Pünktlichkeit ins Qualitätssystem des Regionalen Personenverkehrs vor.
Ein Bonus-Malus-System soll her. Übertrifft die Bahn Zielwerte, zahlen Bund und Kantone (Besteller der Leistungen) einen Bonus. Ist das Gegenteil der Fall, müssen die SBB einen Malus entrichten.
Immerhin geht es bei der Suche nach neuen Lokführern vorwärts. Die SBB setzen – angelehnt ans «Speed-Dating» – auch auf Schnellrekrutierungen in Bahnhöfen.
Die Bahn spricht dort Interessierte für den Lokführerberuf direkt an, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Es muss auch schnell gehen, denn der Mangel im Führerstand ist akut: Bis 2025 benötigen die SBB rund 1000 neue Lokführer.