Geld eintreiben, wo Geld zu holen ist: Das ist die Aufgabe von Air-Berlin-Insolvenzverwalter Lucas Flöther. Nach Schokoherzen, Trolleys und Sitzen kommt nun Unbewegliches unter den Hammer: Marken- und Internetrechte sollen Geld in die klammen Kassen spülen.
Wer will, kann sich nun einen von rund 180 geschützten Begriffen und Wortmarken sichern, die noch im Besitz von Air Berlin sind. Vielleicht werden Interessierte auch bei den Internet-Domains fündig: Etwa 1000 Internetadressen stehen zur Auswahl, wie das Fachportal «Horizont» berichtet.
Viele Schätze warten auf Käufer
Darunter sind Domains von Air Berlin und der ehemaligen Fluggesellschaft LTU, die 2007 von Air Berlin übernommen wurde. Doch bei weitem nicht alles erinnert an die insolvente Fluglinie: we-fly-europe.com, mallorca-shuttle.com oder jubelpreise.com könnten für andere Airlines, aber auch Onlineshops von Interesse sein. Eher in die Kategorie «Kurioses» gehört ichbineinairberliner.com. Vielleicht wird daraus irgendwann eine Plattform für Air-Berlin-Nostalgiker.
Unternehmertypen finden in den Wort- und Bildmarken, die nun zum Verkauf stehen, bestimmt die eine oder andere Geschäftsidee. So sind AirBistro oder Air Düsseldorf zu haben.
Geheimnisvoller Kaufprozess
Die ganze Bandbreite der Marken erfährt nur, wer eine Vertraulichkeitserklärung abgibt. Dann wird ein verbindliches Angebot verlangt und erst dann folgt ein mehrstufiger Prozess bis zum Zuschlag. Am Ende entscheidet der Gläubigerausschuss, wer kaufen darf. 25 Investoren hätten bereits Interesse angemeldet, so Insolvenz-Chef Flöther. Weitere seien jedoch eingeladen, sich noch zu melden.
Eine Prognose über mögliche Einnahmen aus dem Webseiten- und Marken-Verkauf will Flöther nicht abgeben. «Aber wir erwarten durch den Verkauf der Markenrechte und Domains substanzielle Erlöse zugunsten der Insolvenzmasse.» Wie viel Käufer für Air-Berlin-Ware zahlen, zeigen bisherige Auktionen. So ging ein Zweier-Sitz aus einem Flugzeug für umgerechnet 3585 Franken weg. Ein Trolley fand für 2193 Franken einen neuen Besitzer. Die Gesamteinnahmen darf Flöther aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht kommunizieren. (jfr)
Die Flotte der einst stolzen Swissair blieb am Boden, als der nationalen Airline das Geld ausgegangen war. Auch Air Berlin ist jetzt pleite – aber fliegt weiter. Möglich ist das nur, weil der deutschen Regierung Jobs wichtiger sind als Prinzipien.
Das Bild ist eingebrannt in das kollektive Gedächtnis der Schweiz. 2. Oktober 2001, über siebzig Flieger der einst stolzen Swissair stehen am Boden. Das Grounding der Airline nach über siebzig Jahren Luftfahrt.
Am Schluss kämpfte im Grunde nur noch einer für das Schweizer Kreuz auf der Heckflosse: Mario Corti, der letzte Swissair-Chef, bettelte bei den Banken um die rechtzeitige Überweisung des Geldes für den Kauf der Swissair-Tochter Crossair. Er bettelte beim Bundesrat um eine Bürgschaft, die hätte helfen sollen, den Liquiditätsengpass zu überbrücken. Beim Bund blitzte er ab, die UBS überwies das Bare später als abgemacht. Das bedeutete das Ende der nationalen Luftfahrtgesellschaft, an der vielfältige öffentliche Körperschaften beteiligt waren.
In der EU eigentlich verboten
Jetzt hat Air Berlin Insolvenz angemeldet. Zu den grössten Aktionären gehört die Golf-Airline Etihad Airways sowie die ESAS Holding, eine türkische Beteiligungsgesellschaft im Besitz einer Industriellenfamilie vom Bosporus. Dennoch sprach die deutsche Bundesregierung ohne Zögern einen Überbrückungskredit über 150 Millionen Euro, um die Flieger in der Luft zu halten. Sie wollte das Grounding der seit Jahren hochdefizitären privaten Fluggesellschaft verhindern, obwohl zumindest vordergründig keine deutschen Interessen im Spiel sind. Und sie nahm damit in Kauf, mit dem Scheckbuch in der Hand Strukturpolitik zu betreiben – was die EU eigentlich verbietet.
Steuergelder liefern Sauerstoff
Warum geht bei Air Berlin, was bei der Swissair nicht ging? Es geht um einige tausend Arbeitsplätze – und geht es um Jobs, stehen in Deutschland die Gebote der freien Marktwirtschaft gewöhnlich nicht mehr zuoberst auf der politischen Agenda. Zum anderen wird die Lufthansa wohl Flieger und Strecken der Air Berlin übernehmen können, gleichzeitig wird die Offensive der Konkurrenz aus den Vereinigten Arabischen Emiraten elegant gestoppt. In Deutschland genügt dies, um wirtschaftsliberale Grundsätze über Bord zu werfen. In der Schweiz scheinen diese in Stein gemeisselt. Deshalb musste die Swissair sterben. Air Berlin bekommt Sauerstoff in Form von Steuergeldern.
Die Flotte der einst stolzen Swissair blieb am Boden, als der nationalen Airline das Geld ausgegangen war. Auch Air Berlin ist jetzt pleite – aber fliegt weiter. Möglich ist das nur, weil der deutschen Regierung Jobs wichtiger sind als Prinzipien.
Das Bild ist eingebrannt in das kollektive Gedächtnis der Schweiz. 2. Oktober 2001, über siebzig Flieger der einst stolzen Swissair stehen am Boden. Das Grounding der Airline nach über siebzig Jahren Luftfahrt.
Am Schluss kämpfte im Grunde nur noch einer für das Schweizer Kreuz auf der Heckflosse: Mario Corti, der letzte Swissair-Chef, bettelte bei den Banken um die rechtzeitige Überweisung des Geldes für den Kauf der Swissair-Tochter Crossair. Er bettelte beim Bundesrat um eine Bürgschaft, die hätte helfen sollen, den Liquiditätsengpass zu überbrücken. Beim Bund blitzte er ab, die UBS überwies das Bare später als abgemacht. Das bedeutete das Ende der nationalen Luftfahrtgesellschaft, an der vielfältige öffentliche Körperschaften beteiligt waren.
In der EU eigentlich verboten
Jetzt hat Air Berlin Insolvenz angemeldet. Zu den grössten Aktionären gehört die Golf-Airline Etihad Airways sowie die ESAS Holding, eine türkische Beteiligungsgesellschaft im Besitz einer Industriellenfamilie vom Bosporus. Dennoch sprach die deutsche Bundesregierung ohne Zögern einen Überbrückungskredit über 150 Millionen Euro, um die Flieger in der Luft zu halten. Sie wollte das Grounding der seit Jahren hochdefizitären privaten Fluggesellschaft verhindern, obwohl zumindest vordergründig keine deutschen Interessen im Spiel sind. Und sie nahm damit in Kauf, mit dem Scheckbuch in der Hand Strukturpolitik zu betreiben – was die EU eigentlich verbietet.
Steuergelder liefern Sauerstoff
Warum geht bei Air Berlin, was bei der Swissair nicht ging? Es geht um einige tausend Arbeitsplätze – und geht es um Jobs, stehen in Deutschland die Gebote der freien Marktwirtschaft gewöhnlich nicht mehr zuoberst auf der politischen Agenda. Zum anderen wird die Lufthansa wohl Flieger und Strecken der Air Berlin übernehmen können, gleichzeitig wird die Offensive der Konkurrenz aus den Vereinigten Arabischen Emiraten elegant gestoppt. In Deutschland genügt dies, um wirtschaftsliberale Grundsätze über Bord zu werfen. In der Schweiz scheinen diese in Stein gemeisselt. Deshalb musste die Swissair sterben. Air Berlin bekommt Sauerstoff in Form von Steuergeldern.