Lehrmittel von Coop, Nestlé und Co.
Sponsoren stürmen die Schule

Schüler begegnen im Klassenzimmer immer mehr Unterrichtsmaterialien, die von Sponsoren aus der Privatwirtschaft stammen. «Eine Kontrolle gibt es nicht», sagt der oberste Lehrer Beat W. Zemp.
Publiziert: 18.08.2016 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:04 Uhr
Mit gesponserten Lehrmitteln an den Schulen verdienen Distributionsfirmen gutes Geld.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER
Andrea Hohendahl

Wie ist das, wenn Jugendliche Schulden machen? Wie finden sie aus dieser Spirale wieder raus? An den Schulen wird schon früh auf das Verständnis von Geld gesetzt. Schliesslich verfallen gerade die Jugendlichen dem Konsumwahn.

Zum Thema gibt es Lehrmittel mit praktische Übungen und Tests. Laut einem Bericht der «Handelszeitung» üben 15-Jährige Kids aus einer Zürcher Oberstufenklasse das Haushalten mit Geld auf Übungsblättern von Money-Mix. Dahinter steckt die Raiffeisenbank.

Kein Einzelfall

Diese Art von Sponsoring im Klassenzimmer ist längst kein Einzelfall: Auch Coop, Fielmann, Nestlé oder Swissmilk, die Marketing-Plattform der Milchproduzenten, bieten spezifische Lehrmittel an. Sie übernehmen die Herstellung der Lehrmittel auf eigene Kosten. 

Die Plattform Kiknet.ch hat sich auf wirtschaftliche Lehrmittel spezialisiert. Die Lernstoffe reichen von der Kindergarten- bis zur Sekundarstufe. Etwa 40'000 Downloads pro Monat verzeichnet die Website. 170 Sponsoren zählt die Lernfirma.

Trotzdem werde die Neutralität der Inhalte garantiert, sagt die Firma gegenüber der «Handelszeitung». Die didaktische Aufbereitung geschieht durch Pädagogen. Pikant: Diese sollen bei Kiknet.ch unter Vertrag stehen.

Keine Kontrolle

Lernetz.ch heisst eine weitere Schweizer Firma, die sich auf interaktive Lehrmittel spezialisiert. 50 Sponsoren zählt dort die Kundenliste, mit Firmen wie ABB, Credit Suisse oder SBB.

Was meint der Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer der Schweiz (LCH) zum Thema Sponsoring im Schluzimmer? «Eine Kontrolle gibt es nicht», stellt LCH-Präsident Beat W. Zemp (61) fest. Die Verantwortung für den Einsatz von gesponserten Lehrmitteln liege bei den Lehrpersonen. So sehen es die LCH-Richtlinien vor. Darüber hinaus ist es Sache der Kantonen, die Zulassung solcher Lehrmittel zu bestimmen. Und: «Das Sponsoring ist per se nicht gut oder schlecht.»

So oder so: Gesponserte Lehrmittel stehen hoch im Kurs. Gerade deshalb, weil die öffentlichen Schulen immer stärker unter Sparzwang stehen. Für die Sponsoren ein Segen: Das Branding mit den Lehrmitteln sichert ihnen den Zugang zur Kundschaft von morgen.

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