Eine Luxuswohnung zum Schnäppchenpreis. Ein Immobilien-Inserat auf Homegate macht Interessenten ein ungewöhnliches Angebot: «Wenn Sie keine Nachkommen haben oder aus anderen Gründen nicht vererben möchten, können Sie zu einem ungewöhnlich tiefen Kaufpreis lebenslang in eine der begehrtesten Lagen von Zürich ziehen», heisst es darin. Das Angebot richtet sich an Menschen ab 70 Jahren.
Zum Verkauf steht das lebenslange Nutz- und Wohnrecht auf eine Luxusresidenz im höchsten Gebäude der Europaallee in Zürcher Innenstadt. Die edle Wohnung am Gustav-Gull-Platz 4 hat 3,5 Zimmer und 210 Quadratmeter Wohnfläche. Sie kommt mit einem abschliessbaren Gästetrakt für Pflege- oder Hauspersonal inklusive Ankleide, Bad und Schlafzimmer. Laut dem aktuellen Eigentümer H. H.* (46), der anonym bleiben will, hat die Luxusresidenz einen Verkehrswert von 5 bis 5,25 Millionen Franken. «In dieser Preisregion wäre die Wohnung ausgeschrieben, wenn ein normaler Verkauf geplant wäre», sagt er zu BLICK.
Lebenserwartung bestimmt den Kaufpreis
Doch das hat der gebürtige Deutsche nicht vor. Stattdessen bietet er die Nutzniessung der Wohnung an. Das heisst: Der Käufer wird im Vergleich zum Mieter der wirtschaftliche Eigentümer der Wohnung auf Lebenszeit. Er kann die Wohnung selbst bewohnen oder vermieten, auch ein Umbau oder Ausbau ist möglich. Nur vererbt werden kann die Wohnung nicht. Stirbt der neue Eigentümer, gehört die Wohnung wieder H. H.
Der Kaufpreis wird anhand der erwarteten Lebensdauer berechnet. «Interessenten lasse ich durch einen Versicherungsmathematiker eine Prognose für die Lebenserwartung erstellen», erklärte H. H. Diese Lebenserwartung orientiere sich an der mittleren Lebenserwartung der Bevölkerung, zuzüglich einem Zuschlag, da Risikogruppen wie Alkoholiker oder ähnliches herausgerechnet werden.
Die erwartete Lebensdauer wird dann mit dem monatlichen Mietwert multipliziert. Das ergibt den Kaufpreis. Für einen alleinstehenden Senior Anfang 80 wäre der Kaufpreis demnach rund 1,4 Millionen Franken, für ein Paar im Alter von Anfang 70 rund 2,8 Millionen Franken – statt 5,25 Millionen Franken.
Mit der Lebensdauer spekulieren
«Für mich stellt der Verkauf der Nutzniessung anstatt einer Vermietung oder einem normalen Verkauf das optimale Mittel dar», sagt der gebürtige Deutsche. Bislang lebte er selbst in der Luxusresidenz. Nun will er aber zurück nach Deutschland. Die zentral gelegene Wohnung wolle er aber nicht ganz aufgeben. «Ich gebe zwar das wirtschaftliche Eigentum für unbestimmte Zeit ab, kann die Wohnung aber voraussichtlich für das eigene Seniorenalter wieder verwenden», so der 46-Jährige.
Miet- und Immobilienrechtsexperte Damian Müller (41) ist skeptisch. «Man spekuliert hier mit der Lebensdauer des Käufers», sagt er zu BLICK. Zwar sei es aus rechtlicher Sicht unproblematisch, auf der eigenen Liegenschaft jemandem ein Wohn- und Nutzniessungsrecht einzuräumen. Das sehe man in der Schweiz vor allem dann, wenn Eltern ihre Liegenschaft an ihre Kinder übertragen und selbst noch dort wohnen bleiben wollen. Ein Inserat wie das von H. H. hat Müller hierzulande dagegen noch nie gesehen. Etwas verbreiteter ist diese Art des Verkaufs in Deutschland.
Risikofaktor Tod
Doch was passiert, wenn der Käufer bereits ein Jahr nach dem Kauf unerwartet stirbt? «In unserem Angebot versuche ich das Chance-Risiko-Verhältnis ausgewogen zu halten», erklärt H. H. Nichtsdestotrotz könne der Käufer natürlich deutlich länger oder kürzer leben. «Dieses Risiko ist bei Paaren deutlich kleiner.»
* Name der Redaktion bekannt