Gross war die Freude, als an einem schönen Sommertag im August der neue SBB-Zug Giruno Bellinzona getauft wurde. Von einem Traum, der wahr werde, sprach SBB-Chef Andreas Meyer. Das war Balsam auf die Seele der viel gescholtenen Bundesbahnen, die vergangenes Jahr mit Verspätungen, dem Pannen-Zug von Bombardier, Infrastruktur-Problemen und dem Todesfall eines Zugbegleiters für Schlagzeilen sorgte.
Auf die sommerliche Freude, folgt nun die winterliche Ernüchterung. Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, ist der Fahrgeräuschpegel, der im Innenraum der Giruno-Züge im Normalbetrieb wahrnehmbar ist, zu laut. Es ist jedenfalls wesentlich lauter als in Hochgeschwindigkeitszügen in Deutschland (ICE), Frankreich (TGV) oder Italien (Frecciarossa/Italo).
SBB kennt Lärmprobleme
Der Grund dafür könnte der Umstand sein, spekuliert die «Aargauer Zeitung», dass sich die Niederflureinstiege in der Wagenmitte befinden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Zügen ist der Fahrgastraum also nicht immer von den Wagentüren durch eine weitere Innentür getrennt.
Offenbar kennt die SBB das Problem mit der Lärmdämmung. Gemäss Angaben der Bundesbahnen haben erste Tests im Jahr 2018 «teilweise ungenügende Werte bei hohen Geschwindigkeiten im Gotthardbasistunnel aufgezeigt». Die von den SBB aufgestellten Forderungen gegenüber dem Hersteller Stadler Rail seien bei Messungen während der Typentestfahren überprüft worden. «Der Hersteller ist daran, dies zu verbessern», heisst es weiter.
BAV sieht kein Handlungsbedarf
Laut Stadler Rail befindet sich das Geräuschniveau bei Reisegeschwindigkeit mittlerweile auf dem Niveau der anderen von den SBB eingesetzten Züge. Doch es gibt offenbar noch Handlungsbedarf: «Stadler hat weitere Optimierungen definiert, die im Verlauf des Jahres auf die Fahrzeuge ausgerollt werden.»
Stadler Rail betont überdies, dass nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch die Bedingungen im Gotthardbasistunnel (GBT) für den Lräm verantwortlich seien. «Stadler hat bereits in der Angebotsphase darauf hingewiesen, dass tunnelseitig Massnahmen zur Schalldämmung erforderlich sind – beispielsweise Schalldämmmatten», führt Marina Winder, Generalsekretärin der Stader Rail Group aus.
Beim Bundesamt für Verkehr (BAV) ist der Geräuschpegel kein Thema. «Das BAV wäre nur dann betroffen, wenn die Lärmgrenzwerte ausserhalb der Fahrzeuge nicht eingehalten würden, was aber nicht der Fall ist», sagt BAV-Sprecher Michael Müller im Gespräch mit der «Aargauer Zeitung».
Bundesbahnen zufrieden mit Giruno
Generell zeigen sich die SBB gut drei Wochen nach Aufnahme des Regelbetriebs zufrieden mit den neuen Zügen, halten aber auch fest: «Da es eine komplette Neuentwicklung ist, gibt es immer etwas zu verbessern.» Tatsächlich kommt es zu Pannen, so am vergangenen Montag, als ein in Süd-Nord-Richtung fahrender Giruno (IC21) kurz nach Rivera TI strandete.
Die Fahrgäste mussten auf einen Nahverkehrszug Tilo umsteigen. Laut SBB handelte es sich um eine Störung der Leittechnik: «Der Fehler konnte mittlerweile behoben werden.» (zas)