Um ganze 3,8 Prozent tauchte die Schweizer Börse gestern. Rund um den Globus gings abwärts, am schlimmsten erwischte es den Schanghai Composite Index, er tauchte um 8,5 Prozent – der mieseste Handelstag seit acht Jahren.
Chinas Börsen taumeln auch heute weiter. Der Shanghai Composite Index fiel heute weiter, um 7 Prozent. Auch der Nikkei-Index verlor 4 Prozent.
In Europa geht es aber bereits wieder aufwärts. Der Schweizer Hauptindex SMI stieg am Dienstagmorgen um 3 Prozent, der deutsche DAX legte um ebenfalls um 3 Prozent zu und der britische Leitindex FTSE100 sprang um 3,2 Prozent nach oben. Ist das Schlimmste also schon vorbei? Statt Absturz eine grosse Börsen-Rallye?
Daniel Kalt (46), Chefökonom Schweiz der UBS, ist vorsichtig. Er rechnet damit, dass Kurse noch «einige Tage» unter Druck bleiben. Das heutige Rallye könnte also nur ein kurzes Zwischenhoch sein. Es ist auch unsicher, ob es überhaupt den ganzen Tag halten wird.
Positive Impulse gab es aus Deutschland. So ist das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer im August überraschend angestiegen. Der Ifo-Index, der die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen misst, stieg von 108,0 Zählern im Vormonat auf 108,3 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Dienstag mitteilte. Experten hatten mit einem Rückgang gerechnet.
Grund für die verhaltene Stimmung unter Anlegern: Der Wachstumsmotor China stottert: «Wir sehen deswegen Panik am Markt», sagt Kalt. Daran sei aber nicht nur die schwächelnde chinesische Wirtschaft schuld. Auch Brasilien und Russland hätten Probleme. Iwan Deplazes (43), Leiter des Swisscanto-Fonds der Zürcher Kantonalbank (ZKB), sieht in den Börsenturbulenzen «ein Misstrauensvotum der Investoren an den chinesischen Staat».
«Chinas Regierung hinterlässt einen nervösen Eindruck. Sie reagiert mit immer neuen und skurrileren Massnahmen», sagt Thomas Stucki (52), Anlagechef der St. Galler Kantonalbank. Die Zeiten von zweistelligen Wachstumsraten seien vorbei. «China bleibt aber eine Lokomotive der Weltwirtschaft.»
Von einer globalen Rezession sind wir aber noch weit entfernt. Der tiefe Ölpreis und die tiefen Zinsen seien nicht nur schlecht für die Konjunktur, sagt Kalt. Das US-Wachstum sei breit abgestürzt, und Europa wachse stabil.
Und wie sollen Anleger reagieren? Soll man jetzt das Zwischentief nutzen und Aktien kaufen? Anleger sollen nicht in Panik geraten, sagt Kalt. Es sei aber zu früh, um «aggressiv einzukaufen». Mittel- und langfristig sieht er wieder Potenzial an der Schweizer Börse.