Kuoni-Chef über das Namenschaos beim Reiseveranstalter
Wird Kuoni jetzt zum Discounter, Herr Bürgin?

Kuoni-Chef Marcel Bürgi über Top-Destinationen, Rewe und rote Zahlen.
Publiziert: 11.01.2016 um 13:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 21:29 Uhr
Marcel Bürgin (49), Kuoni-Schweiz-CEO seit 2014, ist leidenschaftlicher Hobbytaucher. Er hat drei Kinder und wohnt im Baselbiet, von wo er nach Zürich pendelt.
Interview: Moritz Kaufmann

Haben Sie Ihre Sommerferien schon gebucht?
Marcel Bürgin:
Nein. Aber Sie haben recht, es wäre Zeit!

Es gibt Unruhen oder Krisen in Ägypten, Tunesien und Griechenland. Viele Schweizer fragen sich: Wohin können wir überhaupt noch in die Ferien?
Griechenland war letztes Jahr eine Topdestination von uns. Wir bieten die ganze Welt an. Im Trend liegen Spanien, die USA und Asien. Wer es ruhiger wünscht, dem empfehle ich die Malediven.

Kuoni gehört seit September zur deutschen Rewe-Gruppe. Werden Sie jetzt zum Discounter?
Rewe ist einer der drei grossen Detailhändler in Deutschland mit über 50 Milliarden Euro Umsatz. Sehr solid, sehr solvent und sehr seriös. Das hat nichts mit Discounter zu tun. Rewe hat verschiedenste Brands. Wir haben mit Helvetic Tours in der Schweiz ja auch eine Günstigmarke.

Neu gibt es Kuoni Reisen und die Kuoni Group. Zwei Firmen, ein Name. Die Verwirrung ist perfekt.
Das ist sicher neu. Und klar, wenn es Negativschlagzeilen über die Kuoni Group gab, betraf das auch uns. Aber wir sind sicher, dass sich die Leute daran gewöhnen und die Unterschiede verstehen werden.

Wollen Sie am Namen Kuoni festhalten?
Kuoni als Reiseveranstalter gibt es seit über 100 Jahren! Es kann kein Thema sein, diesen Brand zu ändern.

Eigentlich müssten Sie zur Kuoni Group gehen und verlangen, dass sie den Namen wechselt.
Das möchte ich nicht kommentieren. Es ist sicher nicht optimal. Aber die Situation ist so gegeben.

Was ändert der Verkauf an Rewe für die Kunden?
Sehr viel! Wir werden viel attraktiver. Bei Helvetic Tours haben wir Anfang Woche ein neues Buchungstool eingeführt. Damit verfünffachen wir unser Angebot bei Badeferien! Dank Rewe können wir auf eine ganz andere Angebotsvielfalt zurückgreifen. Ferien bei Helvetic Tours werden deutlich billiger.

Wird auch Kuoni günstiger?
Wir können jetzt günstiger produzieren. Das wollen wir an die Kunden weitergeben

Was wird sonst noch anders?
Wir bauen einen neuen Internetauftritt für Kuoni auf, dank dem die Kunden viel individueller buchen können als heute: Hotel, Flug, Auto, alles modular. In diesem Bereich haben wir Aufholbedarf.

Wann kommt das?
Noch dieses Jahr. Dank Rewe sind wir viel schneller. Nehmen Sie das neue Buchungstool von Helvetic Tours: Hätten wir das alleine aufbauen müssen, hätte es unglaublich viel Geld gekostet und lange gedauert. Jetzt konnten wir das in drei Monaten durchziehen.

Bereuen Sie es, dass es für Kuoni keine Schweizer Lösung gab?
Nein. Der Schweizer Markt ist beschränkt. Ich hatte gehofft, dass wir zu Rewe kommen. Und Rewe ist stolz, uns im Portfolio zu haben.

Die Konkurrenten Hotelplan und Tui sagen, sie hätten Ihnen Marktanteile abgejagt.
Wir stellten tatsächlich fest, dass Kunden fremdgingen. Wo sie gebucht haben, wissen wir nicht. Aber unsere Ausgangslage ist nun so viel besser als letztes Jahr, dass ich gar nicht zurückschauen will.

Ein bisschen müssen wir doch noch zurückschauen. Sind Sie noch die Nummer 1 im Schweizer Reisemarkt?
Ja, davon gehe ich aus.

Haben Sie 2015 rote Zahlen geschrieben?
Das kommuniziere ich nicht. Aber der Umsatz ging gemäss meiner Einschätzung in den Schweizer Reisebüros um rund acht bis zehn Prozent zurück.

Trotz des Verkaufs haben Sie letztes Jahr niemandem gekündigt. Und 2016?
Wir kommunizieren offen mit unseren Mitarbeitern: Es werden Prozesse überprüft. Aber es macht mich sehr stolz: Letztes Jahr hatten wir eine kleinere Fluktuation als in anderen Jahren. Die schwierige Situation hat uns zusammengeschweisst.

Halten Sie an Ihren 80 Reisebüros fest?
Ja. Hier können wir einen Unterschied machen gegenüber der Konkurrenz. Aber klar: Wir wollen in allen Reisebüros Geld verdienen und überprüfen laufend.

Es war ein schwieriges Jahr für Sie. Haben Sie daran gedacht, den Bettel hinzuschmeissen?
Sicher nicht! Ich habe immer an eine gute Lösung geglaubt. Und ich wollte meine Mitarbeiter nicht im Stich lassen. Der Kapitän geht nicht als Erster von Bord. Ausserdem habe ich sehr viel gelernt in diesem Jahr. Es war eine super Weiterbildung – gratis und franko.

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