Künstliche Intelligenz erobert Davos
Schweizer Chefs trauen KI noch nicht über den Weg

Künstliche Intelligenz ist das Topthema in Davos: Die ganze Promenade ist mit Plakaten zum Thema zugepflastert. Allerdings: Es gibt auch eine grosse Skepsis gegenüber der neuen Technologien.
Publiziert: 16.01.2024 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2024 um 07:05 Uhr
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AI – soweit das Auge reicht.
Foto: Thomas Meier
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Wie schnell die künstliche Intelligenz (KI) in unser Leben vordringt, lässt sich an der Promenade in Davos GR ablesen. Waren viele der vermieteten Ladenlokale und Boutiquen noch bis letztes Jahr von Händlern von medizinischem Hanf oder von Kryptowährungen belegt, ist das am diesjährigen World Economic Forum ganz anders: Es dominieren die beiden Buchstaben A und I – die Abkürzung für den englischen AusdruckArtificial Intelligence, zu deutsch eben KI.

Während die Laien ob dieser rasanten Entwicklung überrascht sind, sagt Dalith Steiger-Gablinger (53): «Mich überrascht viel mehr, dass KI nicht schon in früheren Jahren viel prominenter vertreten war. KI ist endlich salonfähig geworden.» Steiger ist Co-Gründerin von SwissCognitive, arbeitet für AI Ventures und setzt sich als Beraterin schon seit Jahren mit künstlicher Intelligenz und den Vorläufern auseinander. Denn KI kam nicht über Nacht, schon seit längerem versuchen die Tech-Giganten den Computern Lernen und Denken beizubringen.

Skepsis in der Chefetage

Was jetzt anders ist: «Viele Mitarbeitenden nutzen KI privat, würden diese gerne auch in der Firma einsetzen, um sich die Arbeit zu erleichtern», so die KI-Expertin. Damit sind die Angestellten weiter als die Chefs, ahnen, dass KI weit über die Hälfte der Arbeitsplätze in der Schweiz verändern wird.

Da ist die Chefetage einiges skeptischer, wie die Schweizer Ausgabe des am Montagabend in Davos vorgestellten globalen CEO-Survey der Beratungsfirma PwC zeigt: «Die Schweizer CEO sind noch sehr zurückhaltend, was den Einsatz von KI anbelangt, skeptischer als Kollegen im Ausland», sagt Andreas Staubli (56), der Chef von PwC Schweiz. Der Grund: Noch überwiegt die Angst vor den Risiken. Cyberrisiken stehen ganz oben auf dem Sorgenbarometer der globalen Elite, verdrängen sogar die geopolitischen Risiken.

Angst vor Fehlinformationen

Das Problem: Nicht nur die Firmen rüsten mit KI auf, auch die Hacker können darauf zurückgreifen, sind dadurch viel schneller darin, Lücken in der Sicherheitsarchitektur der Firmen zu finden. Dazu kommt, dass auch Reputationsrisiken drohen. Etwa, wenn eine Firma zu sehr auf KI vertraut, die gerne noch Antworten erfindet – also halluziniert, wie das in der Fachsprache heisst. «Die CEO haben grossen Respekt vor Fehlinformationen», so Staubli. Immerhin: Die Umfrage zeigt auch, dass 90 Prozent der Chefs keinen Abbau beim Personal planen. Auch, weil es der Schweizer Wirtschaft gar nicht so schlecht läuft.

Bezüglich der Zukunft der Arbeit ist Marco Huwiler (48), Chef der Beratungsfirma Accenture Schweiz, realistisch. «Im Vergleich zu anderen technischen Entwicklungen wird KI jede Industrie und Branche erfassen. Und überall werden Tätigkeiten wegfallen.» Allerdings kämen auch neue dazu. Nur wo und welche genau, das ist noch offen. Huwiler nennt ein Beispiel: «Plötzlich könnten Sprachwissenschaftler sehr gefragt sein. Denn der Erfolg von generativer KI hängt sehr davon ab, dass man die künstliche Intelligenz mit menschlicher Intelligenz füttert.»

«Technologie demokratisieren»

Wichtig sei auch, dass die Chefs genau wissen, wo sie mit der Firma und dem Einsatz von KI hinwollen. «Es braucht zudem eine gut strukturierte Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden.» Das gelte auch für Führungskräfte. Nur so sei es möglich, die Angestellten bei dieser Entwicklung mitzunehmen. «Ich kann die Ängste vieler Menschen gut verstehen. Aber vielleicht führt KI dazu, dass wir künftig weniger arbeiten, die Arbeit sogar spannender wird», so Huwiler.

«Wir müssen die Technologie zugunsten der Schwächeren demokratisieren», sagt Steiger-Gablinger. Das gilt für Menschen in Entwicklungsländern ebenso wie für die Schwächeren auf dem Arbeitsmarkt. «Sonst droht ein grosser Graben zwischen Reich und Arm.» Die Expertin ist auch überzeugt, dass die KI uns in einigen Bereiche noch lange nicht das Wasser reichen kann: «Im Bereich Geschwindigkeit oder Qualität ist KI uns überlegen, doch an die menschliche Intuition kommt die Maschine noch lange nicht heran.»

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