Konsumentenschützer zum Vorschlag von Migros-Chef Herbert Bolliger
«Ein hilfloser Versuch, den Einkaufstourismus einzudämmen»

Migros-Chef Herbert Bolliger will, dass jeder Einkauf von Schweizern im Ausland mehrwertsteuerpflichtig ist. Konsumentenschützer halten von dieser Idee nichts.
Publiziert: 10.02.2017 um 15:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:55 Uhr
«Weshalb senkt der Detailhandel nicht die Preise für Importprodukte?»: Konsumentenschützerin Sara Stalder.
Foto: ZVG
Michael Bolzli

Auch letztes Jahr haben die Schweizer für über zehn Milliarden Franken im Ausland eingekauft. Der Einkaufstourismus vermiest dem Schweizer Detailhandel das Geschäft. Entsprechend laut klagen die Detailhändler über die Euro-Shopper – ohne Erfolg. 

Einkaufstourismus lohnt sich für Konsumenten nicht nur wegen enorm tiefer Preise. Denn auch wenn man die deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf Non-Food-Produkte nicht zurückfordert, ist die Einfuhr eines Einkaufs von bis zu 300 Franken pro Person und Tag ganz von der Schweizer Mehrwertsteuer befreit.

«Nicht umsetzbar»

Migros-Chef Herbert Bolliger (63) hält das für unfair: «Aus Gründen der Steuergerechtigkeit finde ich, dass jeder Einkauf mehrwertsteuerpflichtig sein sollte», sagt er dem Branchenmagazin «Persönlich» (BLICK berichtete). 

Konsumentenschützer halten von diesem Vorschlag jedoch gar nichts. «Diese Idee ist unserer Meinung nach nicht umsetzbar und würde die Konsumenten zu sehr bevormunden», sagt Dominique Roten vom liberalen Konsumentenforum. Er fordert stattdessen weniger Regulierung, mehr Markt und mehr Wettbewerb, um dem Einkaufstourismus zu begegnen.

Deutlichere Worte findet Sara Stalder: «Das ist ein hilf- und wirkungsloser Versuch, den Einkaufstourismus einzudämmen», sagt die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS).

Initiative soll Abhilfe schaffen

Sie könne es gut nachvollziehen, dass der Einkaufstourismus dem Detailhandel Probleme mache. Doch: «Was ich partout nicht verstehe, ist, dass der Detailhandel nicht schon lange Preise für Importprodukte senkt.»

Die SKS hat darum die Fairpreis-Initiative lanciert: «Damit werden die Abschöpfer diszipliniert, weil sie Einkaufskanäle nicht mehr schliessen und damit die Preise ungerechtfertigterweise hoch halten können.»

«Jammern auf sehr hohem Niveau»

Auch von den BLICK-Lesern hagelt es Kritik für den Vorschlag des Migros-Chefs. Leser Claudio Bucher spricht Bolliger direkt an: «Ich würde mir wünschen, Herr Bolliger hätte mal für ein Jahr meinen Lohn. Er würde sich wundern, wie schnell das Geld weg ist.»

Richard Meier wettert: «Wieder mal typisch Migros: Jammern auf sehr hohem Niveau und mit jenseitigen Vorschlägen kommen.»

Und Jürg Brechbühl schreibt: «Bolligers Vorschlag ist den Einkaufstouristen egal, weil die Preisunterschiede so horrend sind, dass die paar Prozente Mehrwertsteuer keine Rolle spielen.» Zudem glaubt er, dass die Kosten an der Schweizer Grenze wegen des Mehraufwands stiegen. Und fragt sich darum: «Als Steuerzahler soll ich dann die Einkaufspolizei finanzieren, die die Migros schützt?»

Es gibt aber auch andere Stimmen: «Höhere Löhne und Renten als im umliegenden Ausland werden als Selbstverständlichkeit erachtet. Dass dadurch Personalkosten, Ladenmieten oder Immobilien entsprechend höher sind als im Ausland, ist nur logisch», entgegnet Willy Gfeller.

Rüdiger Simpson verteidigt den Vorschlag: «Recht so, diese Einkaufstouristen schaden unserer Umwelt, unserer Wirtschaft, unserer Kultur und unserer Reputation.»

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