Die Weltwirtschaft verliert nach der neuen Wachstumsprognose des Internationalen Währungsfonds weiter an Schwung. «Die Wachstumserwartungen scheinen stetig zu sinken», sagte der Chefökonom des IWF, Maury Obstfeld.
Die Schwellen- und Entwicklungsländer, bisher Motor der Weltkonjunktur, lahmen, der niedrige Ölpreis und das Ende der Politik des ultrabilligen Geldes bei der US-Zentralbank Federal Reserve seien zusätzliche Risiken. «Die USA stehen vor Herausforderungen durch die Stärke des Dollar», sagte Obstfeld. «Das hat einen Effekt auf die Handelsbilanz.»
Im Jahr 2015 sei die Weltwirtschaft nur um 3,1 Prozent gewachsen, heisst es in dem am Dienstag in London vorgelegten Bericht. Für das laufende Jahr sieht der IWF ein Wachstum von 3,4 Prozent.
2017 könnte es um 3,6 Prozent nach oben gehen, unter anderem, weil es bis dahin in den stotternden Volkswirtschaften der grossen Schwellenländer Russland und Brasilien wieder etwas besser laufen könnte. Der IWF hat damit seine Prognose vom Herbst um 0,2 Punkte nach unten korrigiert.
Vor allem Chinas Wandlung von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft mache der Konjunktur zu schaffen. Der IWF sieht Chinas Wachstum bei 6,3 Prozent im laufenden Jahr und bei 6,0 Prozent 2017 - und damit deutlich unter der von Peking selbst gesetzten Zielmarke von rund 7 Prozent.
«Wenn diese Haupt-Herausforderungen nicht erfolgreich gemeistert werden, könnte das globale Wachstum aus der Bahn geworfen werden», heisst es in dem Bericht. Der IWF rief Regierungen und Zentralbanken dazu auf, weiter eine lockere Geldpolitik zu verfolgen, vor allem um die lahmende Inflation in Gang zu bringen.
Der niedrige Ölpreis, der bis 2017 nach bisherigen Erkenntnissen nicht signifikant steigen werde, habe Öl exportierende Länder in ihren Wachstumsaussichten geschwächt. Die Nachfrage sei jedoch trotz der niedrigeren Kosten nicht in dem Masse gestiegen, wie das bei früheren Preissenkungen zu beobachten gewesen sei.
Angesichts der Wachstumsschwäche in der Welt hält der IWF in den meisten Industrieländern eine anhaltend lockere Geldpolitik für nötig. Zudem müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden - unter anderem mit Investitionen und Strukturreformen.