Nicht der Skandal führt zum Fall, sondern die Ausrede danach. Der gestrauchelte CS-Präsident António Horta-Osório ist keine Ausnahme von dieser Binsenwahrheit, im Gegenteil: Der portugiesische Starbanker verstrickte sich in ein Geflecht von Ausflüchten und Halbwahrheiten.
Sorry, ein Versehen, kommt nicht wieder vor – so versuchte Horta-Osório seinen Kopf zu retten, als Blick Mitte Dezember enthüllte, dass er sich im Privatjet nach drei Tagen aus der Schweizer Quarantäne abgesetzt hatte. Man hätte es dem Weltbürger gerne abgenommen. Doch Recherchen zeigten, dass er sehr wohl über die Schweizer Gesetze Bescheid wusste. Er liess den früheren FDP-Ständerat Felix Gutzwiller eigens abklären, ob es für ihn Ausnahmen gebe.
Vertrauensbasis im VR war zerstört
Vorerst galt aber Gnade vor Recht. Der selbsternannte Retter der Credit Suisse, der Mann, der die angeschlagene Escher-Bank zu neuem Glanz führen sollte – gestolpert über einen Quarantäneverstoss? Kann nicht sein. Der Verwaltungsrat drückte ein Auge zu, Horta-Osório durfte bleiben.
Doch mit seinen damaligen Erklärungen stellte er sich die Falle, die jetzt zuschnappte. Denn kurz darauf brachte eine interne Untersuchung an den Tag, dass der grosse Tennisfan im Sommer auch die englischen Quarantäneregeln verletzt hatte, als er ans Wimbledon-Finale reiste.
Damit war das Ende besiegelt. Der Präsident des Verwaltungsrates hatte seine Kolleginnen und Kollegen in die Irre geführt. Wie sollte ihm das Gremium jemals wieder vertrauen? Wie sollte er eine Organisation sicherer machen, wenn er seine privaten Risiken nicht im Griff hatte? Wenn ihm die Grösse fehlte, Fehler einzugestehen? Der Verwaltungsrat blieb keine andere Wahl, als Horta-Osório zum Rücktritt zu zwingen.
Der Nachfolger ist immun gegen die CS-Krankheit
Nachfolger Axel Lehmann könnte sich nicht stärker vom Traumtänzer Horta-Osório unterscheiden. Der Berner ist ein knochentrockener, hoch präziser und extrem ehrgeiziger Zahlenmensch, dem Glanz und Glamour abgehen. Seine wichtigste Qualifikation besteht darin, dass er mehr als 25 Jahre skandalfrei Top-Positionen in der Finanzwelt besetzte und stets lieferte. Vor allem aber ist er immun gegen die chronische CS-Krankheit der Selbstüberschätzung. Das sind keine schlechten Voraussetzungen, um die einst renommierteste Bank der Schweiz wieder in die Spur zu bringen.