Knallhart-Absage wegen Schreibfehlern – Karriereberater ordnen Zürcher Fall ein
«Einige rekrutieren noch wie vor 50 Jahren»

Leserin Sabrina R.* verschickt eine mit Schreibfehlern versehene Bewerbung. Dann bekommt sie eine Absage in harschem Tonfall. Wie schlimm sind nun Missgeschicke im Bewerbungsschreiben? Zwei Karriereberatende beurteilen den Fall – und haben unterschiedliche Meinungen.
Publiziert: 07.12.2024 um 13:18 Uhr
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Aktualisiert: 07.12.2024 um 14:30 Uhr
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Diese Antwort bekam Sabrina R. auf ihre Bewerbung.
Foto: Zvg

Auf einen Blick

  • Bewerberin erhält harte Absage wegen Schreibfehlern im Bewerbungsschreiben
  • Experten uneinig über Bedeutung von Fehlern in Bewerbungen
  • Headhunterin empfiehlt KI-Tools zur Überprüfung des Bewerbungstextes
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Michael HotzRedaktor Wirtschaft

Absagen gehören zum Bewerbungsprozess dazu. Und nicht immer sind diese schlechten Nachrichten auch nett verfasst, wie das aktuelle Beispiel der Blick-Leserin Sabrina R.* (24) zeigt. Sie bewarb sich kürzlich bei einer Kieferorthopädie-Praxis im Kanton Zürich als Dentalassistentin.

Den Job erhielt das zweifache Mami nicht. Und musste auch noch eine Knallhart-Absage verdauen. «Das Anschreiben ist voll mit Schreibfehlern, es sollte Ihnen peinlich sein sowas zu senden», heisst es im Schreiben. Und am Schluss folgt noch ein weiterer Seitenhieb: «PS: bei Muttersprache Deutsch können Sie nicht mal Ihren Beruf korrekt schreiben?»

«Einige wenige Fehler können passieren»

Das Bewerbungsschreiben enthält tatsächlich einige Fehler. Aber wie schlimm ist das? Diese Frage ist selbst bei Vertretenden der Karriereberatung umstritten. Ein klares No-Go ist es für Stefan Hernandez (57), VR-Präsident des Karriereberatungsunternehmens Grass & Partner: «Die zur Verfügung gestellten Unterlagen müssen einwandfrei – und selbstverständlich – auch fehlerfrei sein! Diesen Anspruch darf und muss man haben. Es zeigt letztendlich auch, wie genau und sorgfältig gearbeitet wird.» Wichtig sei zudem, dass das Bewerbungsschreiben auf die konkrete Arbeitsstelle eingehe. Das heisst: Man muss die Fragen in der Stellenbeschreibung beantworten.

Dass das Bewerbungsdossier natürlich nicht vor Schreibfehlern strotzen darf, sieht auch Elke Rottmann (53), Gründerin der Headhunter-Firma Hearts and Brains, so. Aber: «Einige wenige Fehler können passieren, das disqualifiziert keine Bewerbenden.» Und weiter: «Wer wegen kleinen Schreibfehlern Bewerbende rigoros ablehnt, hat nicht verstanden, wie man heutzutage rekrutiert.» Sinnvoller, als einfach eine Absage zu erteilen, wäre es, die Bewerberin oder den Bewerber dann im Jobinterview darauf anzusprechen.

Die Headhunterin ist eine Verfechterin des Recruiting-Mottos «Hire for attitude, train for skills». Sprich: Stelle Menschen wegen ihres Mindsets, ihrer Haltung und Motivation ein und bringe ihnen die notwendigen Fertigkeiten bei. «Einige Tippfehler sagen nichts über die Kompetenz einer Person aus, viel entscheidender ist ihre Einstellung zum Job», so die Headhunterin. Das sei jedoch bei Weitem noch nicht bei allen Arbeitgebern angekommen. «Einige rekrutieren noch wie vor 50 Jahren.»

Tipps von den zwei Karriereberatenden

Wer Probleme beim Bewerben hat, soll sich Unterstützung holen, sind sich die zwei Experten einig. «Ich würde mir immer die Mühe machen, ein Bewerbungsschreiben gegenchecken zu lassen», sagt Rottmann. Entweder von Verwandten oder Bekannten – oder dann mithilfe von Online-Hilfsmitteln. «Es gibt mittlerweile genügend KI-Tools dafür.» Zur Grammatik- und Rechtschreibprüfung von Texten empfiehlt sie etwa das mehrsprachige «LanguageTool», das man als Extension für diverse Internetbrowser installieren kann.

Karriereberater Hernandez gibt als Tipp mit, sich mit Fachexperten kurz auszutauschen. «Das kann definitiv die Effizienz des Progresses massgeblich erhöhen. Es braucht Erfahrung, wie man sich auf dem offenen und verdeckten Arbeitsmarkt bewegen muss.» Das klappe in der Regel nicht spontan.

*Namen geändert 

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