Der Schweizer Detailhandel steckt in der Krise. Der boomende Onlinehandel und der Einkaufstourismus setzen ihm zu. Ganze Kleider- und Schuhketten machen dicht, die unabhängigen Geschäfte sterben aus (BLICK berichtete). Und doch: Es gibt sie noch, die kleinen Läden, die sich am Markt behaupten. Etwa «Schnyder’s Jeans & Tops» in Münsingen BE.
Seit 24 Jahren verkauft Erika Schnyder (59) im Dorf mit 12’000 Einwohnern zwischen Bern und Thun Jeans und Accessoires. Nicht etwa im Zentrum, sondern in einem ruhigen Wohnquartier. Nach einer längeren Australienreise war für die gelernte Köchin klar: «Ich will einen eigenen Jeansladen!»
Die Kunden merken alles
1993 eröffnete sie ihr Geschäft in einem ehemaligen Schuhladen. Heute verkaufte sie zusammen mit einer Angestellten auf 70 Quadratmetern 1300 Paar Jeans pro Jahr. Ihr Rezept: «Individuelle Beratung. Denn die kommt in den grossen Läden zu kurz. Und die Kunden merken, wenn man den Job nur fürs Geld macht.»
Schnyder hat eine Homepage, aber keinen Onlineshop. «Ich würde nur unnötig Zeit verlieren mit all den Retouren», sagt sie. Ein Seitenhieb an den Onlinegiganten Zalando, bei dem 50 Prozent der Bestellungen zurückgeschickt werden. «Bei mir kommt der Kunde zurück, und nicht die Hose», sagt Schnyder und lacht.
Keine Rabattschlacht
Auch von der ganzjährigen Rabattschlacht hält sie nichts. «Bei mir gibt es wie früher zweimal im Jahr einen Ausverkauf, im Januar und im Juli.» Und zwar mit der Ware des Vorjahres, nicht der aktuellen Kollektion. «Die Kunden gewöhnen sich an die ewigen Rabatte. Das ist schlecht für die ganze Branche», sagt Schnyder.
Sie verkauft bewusst Jeans im mittleren Preissegment. «Ich will nicht um jeden Preis billig sein.» Nach all den Jahren habe sie ein Auge dafür, was passt und was nicht. «Das freut vor allem Männer, die nicht wirklich gerne Kleider kaufen. Darum darf der Service ruhig etwas kosten», findet Schnyder. Dafür steigt die Chefin gerne täglich selber in die Hosen.