Der SMI fällt ins Bodenlose. Bei den Firmen jagt eine Hiobsbotschaft die andere. Zuerst Alstom: Durch die Übernahme von General Electric verschwinden in der Schweiz 1300 Stellen. Die Grossbank Credit Suisse streicht weltweit fast 4000 Stellen. Und der Versicherer Zurich will weltweit sogar 8000 Jobs abbauen. Was ist nur los mit der Wirtschaft? SonntagsBlick sprach mit dem Ökonomen Klaus Wellershoff (52) über ...
... die Talfahrt an den Börsen
Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA ist alles andere als rosig. Auch aus China kommen keine positiven Signale mehr. Wellershoff sieht es mit Sorge: «Das führt dazu, dass die Börsen in einen Strudel geraten.»
... die Geldpolitik der Notenbanken
Für Wellershoff ist klar, dass die Geldpolitik die Konjunktur nicht nochmals stützen kann. «Die Zinsen sind jetzt schon überall bei n ull oder darunter.» Trotz Geldschwemme gelang es US-Notenbankchefin Janet Yellen nicht, den Aufschwung zu stabilisieren. Wellershoff: «Die Geldpolitik hat ihr Pulver verschossen!»
... die Rezession
Viele US-Firmen haben wegen sinkender Gewinne und trüber Aussichten wichtige Investitionen ausgesetzt – für Wellershoff klare Vorzeichen einer Rezession: «Wäre nicht der starke Konsum, wäre die USA bereits in der Rezession. China ist es schon.» Die Schweiz profitiere zwar noch stark vom Wachstum in Europa, doch das Problem des starken Frankens bleibt. Das schüre Ängste, aber: «Von einer Rezession in der Schweiz kann man zum Glück noch nicht reden.» Und solange die Zuwanderung anhält, steigt auch der Konsum weiter. «Damit sollten wir auch dieses Jahr wachsen können», prognostiziert der Ökonom. Mehr als ein Prozent Wachstum würde Wellershoff allerdings überraschen.
... den tiefen Ölpreis
Des einen Freud ist des anderen Leid. Dieses Sprichwort gilt ganz besonders für die USA. Zwar können sich die Menschen mehr Dinge leisten, weil sie derzeit weniger für Benzin und Heizöl aufbringen müssen. «Aber die Schwemme von Billigöl hat dazu geführt, dass die Schiefergasindustrie in den USA am Boden liegt.» In Russland und in anderen Schwellenländern sehe es ähnlich aus.
... den Kahlschlag in Unternehmen
Solange der Franken weiterhin stark bleibt, wird sich laut Wellershoff an der Situation in der Industrie und im Finanzsektor wenig ändern. Dramatisch sei es für den Tourismus in den Bergregionen. Und wenn die USA tatsächlich in die Rezes-sion abgleiten und der Dollar dadurch an Wert verlieren würde? «Dann wird es für die Schweizer Industrie plötzlich sehr eng.» Denn bis jetzt profitiere die heimische Exportwirtschaft sehr stark vom kräftigen Dollarkurs.
... die Anlagemöglichkeiten
Wellershoffs Rat: «Möglichst breit investieren und ja nicht alles auf eine Karte setzen!» Ein Teil des Vermögens sollte bar zurückbehalten werden. «Wenn wir uns einig sind, dass der Franken heute zu stark ist, dann ist es eigentlich logisch, dass der Euroraum für Anleger interessant ist.»
Immobilien und Aktien sind dort mit dem starken Franken günstig zu erwerben. Obligationen lohnen sich wegen der tiefen Zinsen dagegen kaum. Und natürlich gehören zu einer diversifizierten Anlage auch Ak-tien von Schweizer Firmen.