Keiner kann mehr Öl gebrauchen
Fieberhafte Suche nach freien Fässern

Die Weltwirtschaft hängt in den Seilen, ihr Schmiermittel Öl gibt es gerade im Überfluss. Das führt zu negativen Preisen und der verzweifelten Suche nach Lagerkapazität.
Publiziert: 21.04.2020 um 19:10 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2020 um 17:36 Uhr
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Die Tanks sind randvoll mit Öl.
Foto: imago images/ZUMA Press

Die Telefonleitungen beim texanischen Unternehmen Adler Tank Rentals stehen derzeit nicht still. Um die Ölflut irgendwo unterzubringen, steigt die Nachfrage nach Ölfässern, in denen der Rohstoff zwischengelagert werden kann.

Dafür werden auch alte Ölfässer wieder in Betrieb genommen, die bei den Schieferölfirmen liegen, welche ihre Förderung selbst längst eingestellt haben. Hunderte Millionen Fass Rohöl sind in den vergangenen beiden Monaten in die Lager geströmt.

Der Stillstand des öffentlichen Lebens im Zuge der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie liess die Nachfrage nach dem wichtigen Rohstoff kollabieren. «Die Branche sucht händeringend nach tauglichen Lagermöglichkeiten», sagte Stuart Porter, Manager bei Adler Tank Rentals.

Wer auf den Fässern sitzt, ist König

Derzeit wird ein Drittel weniger Öl benötigt als normalerweise, zugleich schrumpft das Angebot kaum. Gerade Schieferölproduzenten können ihre Förderung nicht schnell drosseln; sprudelt das Öl einmal, dann sprudelt es. Doch die üblichen Lagerkapazitäten sind voll, und auch viele Supertanker dienen bereits als schwimmende Lager.

Allein in der vorletzten Woche wurden 19 Millionen Fass zusätzlich in den USA eingelagert – so viel wie nie zuvor in einer Woche. Die Situation ist so angespannt, dass der Ölpreis unter Null rutschte – Unternehmen müssen damit auf ihr Öl noch Geld drauflegen, um es überhaupt loszubekommen.

Cushing in Oklahoma ist Heimat von so vielen Öltanks wie an keinem anderen Ort der Welt. Dutzende riesige Fässer-Verbünde bieten Platz für etwa 76 Millionen Fass. Händlern zufolge sind sie vollständig ausgebucht. Der Kursrutsch vom Montag deute darauf hin, dass auch die Fässer, die derzeit noch nicht befüllt sind, schon vermietet wurden, heisst es – auch wenn die Regierung davon ausgeht, dass noch Platz ist.

Damit rücken Alternativen in den Blick, wie die Stahlfässer mit einem Volumen von 500 Fass (79 500 Liter), wie sie Adler vermietet, und die direkt vor Ort aufgestellt werden können. Auch Converge Midstream, die mehrere Millionen Fass Öl unterirdisch aufbewahren können, kann sich über die Nachfrage nicht beschweren: «Ehrlich gesagt, steckten wir bis vor kurzem in Schwierigkeiten», sagte Firmenchefin Dana Grams. «Jetzt hat sich der Markt gedreht.»

Randvolle Supertanker

160 Millionen Fass Öl warten auf Supertankern auf Käufer. Und nicht nur Rohöl sucht einen Platz, an dem es auf bessere Zeiten warten kann. Die Reisebeschränkungen lassen den Absatz von Treibstoffen einbrechen, bei Benzin lag der Rückgang nach Daten der Energiebehörde EIA bei einem Drittel.

Einige Lagerunternehmen planen daher um, Lagerstätten, die eigentlich für Flüssiggas bestimmt waren, werden zu Benzintanks umgebaut. «Bei Benzin ist die Marktlage derzeit sehr günstig», sagte Dave Marchese, Chef von Caliche Development Partners: Die Terminkontrakte, die in vier oder fünf Monaten auslaufen, versprechen deutlich höhere Preise als sie derzeit gezahlt werden.

Doch bis dahin stellt die Corona-Krise die Firmen vor Probleme – auch in Europa. So stellt der portugiesische Konzern Galp den Betrieb in seiner Raffinerie Sines ein, weil die Speicher voll sind. In Portugal stehen damit 20 Prozent der Raffineriekapazitäten still.

Der US-Förderer Teal Natural Resources sucht noch freie Fässer: Um die Förderung für einen Monat zwischenzulagern, fallen Kosten von etwa 300'000 Dollar an. Zu diesem Preis, sagt Teal-Chef John Roby, würde er lieber eine Ölquelle stilllegen. Allerdings kommt das nicht für jedes Unternehmen in Frage – denn einmal gestoppt, lässt sich der Ölfluss nicht so leicht wieder in Schwung bekommen. Vielen Firmen bleibt damit nur, zum Hörer zu greifen. (SDA/koh)

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