«Kein Stundenlohn unter 20 Franken» fordern die Gewerkschaften
Verkäuferinnen fühlen sich verkauft

Miese Löhne, Überstunden und keine Sonntagszulagen. Verkäuferinnen haben hierzulande hartes Brot zu kauen, wie der Fall einer Valora-Angestellten zeigt. Gewerkschaften fordern nun, den Mindestlohn anzuheben.
Publiziert: 30.11.2017 um 17:39 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2018 um 15:09 Uhr
Valora-Angestellte Tamara O. «Ich habe für 19.35 Franken die Stunde den ganzen Tag geschuftet. War rund um die Uhr auf Abruf, leistete Überstunden. Und das ist der Dank?» (Archiv)
Foto: MARCEL BIERI
Sven Zaugg

Ausgenutzt, abgespeist, vertröstet. Tamara O.* ist enttäuscht von ihrem ehemaligen Arbeitgeber, dem millionenschweren Kioskkonzern Valora. Jahrelang arbeitete sie in einer Filiale des Muttenzer Unternehmens im Mittelland. Bis sie im Sommer die Kündigung erhielt.

«Aus dem Nichts», wie sie sagt. «Ich habe für 19.35 Franken die Stunde den ganzen Tag geschuftet. War rund um die Uhr auf Abruf, leistete Überstunden. Und das ist der Dank?» Die Verkäuferin spricht davon, wie sie ausgenutzt wurde, dass sie als einfache Angestellte keine Sonntagszulagen erhielt – und das bei bis zu drei Einsätzen pro Monat.

Tiefe Löhne – besonders für Frauen

So wie Tamara O. fühlen sich viele Schweizer Verkäuferinnen verkauft. Sie erhalten für Schichtarbeit oft nur den Mindestlohn. Hauptgrund dafür: grosser Umsatzdruck und kleine Margen. Das drückt die Saläre.

Und: «Traditionell ist die Bezahlung in Branchen mit hohem Frauenanteil immer noch zu tief», sagt Carlo Mathieu von der Syna. Die Gewerkschaft fordert deshalb: «Lohnerhöhungen für alle Verkaufsangestellten und keine Löhne mehr unter 20 Franken pro Stunde.»

Der Kioskmulti Valora, der 2016 allein mit den Kiosken 38 Millionen Franken Gewinn einstrich, wiegelt ab: «Die Gewerkschaft vergleicht Valora mit den Vollversorgern wie Migros, Coop, Aldi oder Lidl. Bei einem direkten Vergleich innerhalb des kleinflächigen Detailhandels, in dem wir aktiv sind, liegen die Mindestlöhne von Valora im Mittelfeld», sagt Sprecher Kilian Borter (siehe Grafik).

Zum Fall von Tamara O. sagt Borter: «Die gesetzlichen und reglementarischen Vorgaben müssen bedingungslos eingehalten werden. Verstösse werden nicht toleriert.» Offenbar gilt das nicht für alle.

Mehr Lohn bei den Grossisten

Auf die Analyse der Gewerkschaften reagieren die grossen Player im Detailhandel gelassen: «Der Gesamtarbeitsvertrag der Migros hat über Jahrzehnte im Detailhandel die besten Arbeitsbedingungen gewährt», sagt Sprecher Luzi Weber. Von 2006 bis 2016 habe die Migros die Löhne 13 Prozent erhöht.

Und bei Coop wurden die Saläre seit 2007 im Schnitt gar um 19 Prozent angehoben. Aldi, Lidl, Volg, Manor und Denner betonen, dass die Saläre ihrer Mitarbeiter kontinuierlich gestiegen seien. Trotzdem: Angesichts der Teuerung, der höheren Beiträge an die Pensionskassen und des kräftigen Anstiegs der Krankenkassenprämien bleibt am Ende des Monats nicht viel mehr Geld in den Portemonnaies der Verkäuferinnen. 

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