Kaum jemand kennt sie – Blick war in St. Gallen exklusiv vor Ort
Wie die beste Schule der Welt wirklich tickt

Das Institut am Rosenberg gilt als die beste und teuerste Privatschule der Welt. Blick konnte einen exklusiven Blick hinter die Mauern des Internats werfen. Schulpräsident Bernhard Gademann äusserte dabei Kritik am öffentlichen Schulwesen – und will Hand bieten.
Foto: Darya Vasylyeva
Institut am Rosenberg – wie die beste Schule der Welt wirklich tickt

Auf einen Blick

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Publiziert: 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 01:05 Uhr

Vierzehn Jugendstilvillen, mehrere Sportplätze und ein rosaroter Zaun – der Campus des Instituts am Rosenberg versteckt sich in den Höhen des gleichnamigen Quartiers in St. Gallen. Von der ältesten Schulsporthalle über einen topmodernen Innovationspark bis zu einem Pub-ähnlichen Café, wo vier Schüler gerade am Töggelikasten ihre Pause geniessen. Der eine aus Mexiko, die anderen aus Genf, Deutschland und aus dem Kosovo. «Uns gefällt es hier sehr, besonders die kleinen Schulklassen. Nur sind die Regeln leider viel zu streng.»

Das Café des Elite-Internats erinnert an ein britisches Pub.

Das Institut wurde im November als die «beste Privatschule der Welt» ausgezeichnet. Hier studieren 230 Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 19 Jahren aus über 50 verschiedenen Nationen. Ein Schuljahr kostet 176’000 Dollar – so viel wie nirgendwo sonst auf der Welt. Doch die Schweizer Öffentlichkeit weiss bislang kaum, was hinter den Mauern des Internats geschieht. Die Presse wird wegen Negativ-Schlagzeilen aus der Vergangenheit über die «Rolls-Royce fahrenden Oligarchenkinder» aktiv gemieden. Bis jetzt.

Blick hat einen seltenen Einblick in das Elite-Internat erhalten, die nach eigenen Angaben «mit innovativen Bildungsmethoden» die Elite von morgen ausbildet.

«Schweiz ruht sich seit Jahren auf den Lorbeeren aus»

«Wir haben einiges zum Thema Bildung in der Schweiz zu sagen», sagt Bernhard Gademann, Präsident des Instituts, gleich zu Beginn des Gesprächs. Der 45-Jährige führt die 1889 gegründete Privatschule in der vierten Generation. «Ja, das Schweizer Bildungssystem als Ganzes wird weltweit hoch angesehen, davon profitieren auch wir. Aber die Schweiz ruht sich seit Jahren auf den Lorbeeren aus.» 

Er kritisiert im Gespräch mit Blick die Behörden und die öffentlichen Schulen. Zwar gebe es viele motivierte und engagierte Lehrpersonen und Schulleitungen, die Veränderungen anstreben. «Es fehlt jedoch der gesellschaftliche Mut, diese Veränderungen zu wagen.» Man setze nicht genügend hohe Ansprüche, bewege sich zu langsam.

Schulpräsident Bernhard Gademann führt das Institut am Rosenberg in der vierten Generation.

«Die jetzige Generation hat unlimitierten Zugang zum Internet, kennt Technologien wie Künstliche Intelligenz und hinterfragt berechtigterweise die Legitimität des Schulunterrichts.» Spätestens jetzt müsse sich die Bevölkerung und die Politik gemäss Gademann fragen: «Wie schaffen wir einen Mehrwert für die heranwachsende Jugend, indem wir die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Ressourcen bestmöglich nutzen? Hier wollen wir mit unserem Ansatz das öffentliche Bildungswesen inspirieren.»

Die teuerste Schule der Welt
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Institut auf dem Rosenberg SG:Die teuerste Schule der Welt

Der innovative Ansatz des Elite-Internats

Tatsächlich geht das Institut am Rosenberg neue Wege: Schulklassen werden nach Fähigkeiten und nicht nach Alter unterteilt, Schülerinnen und Schüler haben die Freiheit, ihre Fächer nach eigenen Interessen und Zielen zu wählen; Stundenpläne dienen lediglich als Orientierungsrahmen. Es werde grossen Wert darauf gelegt, das Potenzial der Kinder bestmöglich zu fördern. «Es kann also durchaus vorkommen, dass eine jüngere Schülerin Mathematik in der 12. Klasse besucht», sagt Gademann. 

Für die Umsetzung einer solch komplexen und individuellen Planung wurde eine eigene Technologie samt App entwickelt. «Wir wollen die Kinder und Teenager an der Hand nehmen und sie in ihrer persönlichen Entwicklung bestmöglich fördern.» Sie können zusätzlich aus einer Reihe von ausserschulischen Kursen auswählen – wie Töpfern oder Robotik – um ihre Interessen zu entfalten.

Im Zukunftslab des Instituts arbeiten die Schülerinnen und Schüler an praxisnahen Projekten – unter anderem mit dem Einsatz von Robotern.

Praxisnähe wird am Institut grossgeschrieben. So werde beispielsweise in der Mathematik nicht bloss banale Algebra, sondern Rechenaufgaben aus der «echten Welt» gestellt. In der Physik zeichnen die Schülerinnen und Schüler nicht nur einen Stromkreis auf Papier – im Unterricht nehmen sie zusätzlich die Deckenlampe auseinander und schauen sie von innen an.

Weltraum-Projekt mit 3D-Drucker

Das Institut lädt zudem auch Vertreter aus führenden Unternehmen ein, die mit der Gruppe gemeinsam an Problemstellungen und Lösungen arbeiten. «Lehrpersonen sind keine allwissenden Halbgötter», meint Gademann. In der sich ständig wandelnden Welt sollten sie sich mit den Schülern ebenso weiterentwickeln und diese mit ihrem Wissen unterstützen.

Ein Beispiel, auf das Gademann besonders stolz ist: Das Weltraum-Projekt mit der dänischen Firma SAGA Space Architects. «In 100 bis 150 Jahren brauchen wir aufgrund des Klimawandels und des ansteigenden Meeresspiegels laut der US-Weltraumbehörde Nasa auch Möglichkeiten, Wohnräume ausserhalb der Erde zu bauen», erklärt Gademann. Gemeinsam mit den Schülern wurde das Thema über mehrere Monate behandelt und anschliessend ein echtes und nutzbares Haus mit einem Polymer 3D-Drucker geschaffen. «Übrigens das erste dieser Art auf der ganzen Welt», so Gademann. 

Dieses «Haus» haben die Schülerinnen und Schüler entworfen und mit einem 3D-Drucker produzieren lassen. In Zukunft sollen darin Menschen auf anderen Planeten leben – es ist das erste seiner Art.

Diese Co-Kreation sei nur eines von vielen Beispielen, sagt Gademann und zeigt Blick den Innovationspark auf dem Campus, wo weitere innovative Projekte von Studierenden zu finden sind. «Das Institut schafft vielerlei Raum zum Ausprobieren – stets praxisnah. Das ist unser Ansatz.»

Knallharte Regeln und Belohnungsprogramm

Dafür gelten im Internat mit Kindern und Teenagern von 6 bis 19 Jahren strenge Regeln. Weil die wohlhabenden Eltern auf der ganzen Welt verstreut leben, sind ihre Kinder oft monatelang ohne Unterbruch im Internat. Disziplin sei das A und O, so Gademann. Bei Zigaretten, Alkohol oder Drogen gilt eine Null-Toleranz-Politik. Wer konsumiert, fliegt. Jungs dürfen sich nicht in den Schlafsälen der Mädchen aufhalten und umgekehrt. Beim Essen im grossen und saisonal dekorierten Saal sei eine Durchmischung jedoch sehr erwünscht.

Eines von vierzehn Villen des Instituts – hier drinnen findet sich der Esssaal und das Café.

Im Alltag gibt es eine Art «Belohnungsprogramm», mit dem die Schülerinnen und Schüler Punkte verlieren oder gewinnen können. Eine Minute zu spät zum Unterricht erscheinen oder die Schuhe nicht richtig gebunden zu haben, gibt bereits Minuspunkte. Eine gute Tat oder ein besonderer Erfolg wiederum Pluspunkte. Am Ende des Monats können sich die Kinder und Teenager so beispielsweise einen Uniform-freien Tag oder das Nichterscheinen beim Frühstück mit Punkten verdienen. Wer zu viele Minuspunkte hat, kann als Konsequenz beispielsweise nicht auf einen Wochenendausflug der Schule mitgehen.

Hier im Esssaal gibts Frühstück, Mittagessen und Abendessen – die Schülerinnen und Schüler werden bedient und erscheinen in Uniform.

«Öffentliche Schulen verfügen über sehr hohe Budgets»

Zurück im Büro von Schulpräsident Gademann: Wie sollen die öffentlichen Schulen – ohne die hohen Gebühren oder Zugang zu weltweiten Top-Firmen, den Rosenberg-Ansatz übernehmen? «Indem bestehende Ressourcen effizienter eingesetzt und Unterricht wieder relevanter und spannender gestaltet wird. Wir dürfen nicht vergessen, dass die öffentlichen Schulen über sehr hohe Budgets verfügen», sagt Gademann. Es müsse nicht zwingend eine führende Firma der Welt sein. «Wenn ein regionaler Milchbauer die Herausforderungen seiner Branche den Schülern während einer Doppelstunde Naturkunde schildert und ihnen eine Aufgabe dazu stellt, würde ihnen das garantiert in Erinnerung bleiben.»

Es spreche auch nichts dagegen, jüngere Schüler gewisse Fächer in höheren Klassen besuchen zu lassen – es brauche lediglich die Bereitschaft zum Ausbruch aus veralteten Systemen und die Offenheit für Neues. «Wir bieten da gerne Hand», so Gademann. 

«In der Schweiz sind wir sehr privilegiert»

Ob der Präsident des Elite-Internats für solche Ratschläge der Richtige ist? «Ja, unsere Schülerinnen und Schüler sind sehr privilegiert. Wir erinnern sie jedoch täglich daran, dass ihre Eltern – und nicht sie – das geschafft haben. Und sie nur deshalb zu den 0,045 Prozent der Bevölkerung gehören, die sich eine Ausbildung bei uns leisten können.» 

Das Institut am Rosenberg ist besonders stolz auf die älteste Schulsporthalle der Schweiz.

Im Zentrum der Erwartungshaltung an seine Schüler stehen tief verankerte Schweizer Werte wie Pünktlichkeit, Genauigkeit und Fleiss, sagt Gademann. «Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen, dass wir hier in der Schweiz im Vergleich zur Weltbevölkerung alle äusserst privilegiert sind.» Sein Vergleich: «Wenn wir die Möglichkeit haben, einen Marathon über 42 Kilometer aus der Mitte zu starten, dann müssen wir den Anspruch an uns setzen, diesen auch zu gewinnen.»

Das Gleiche erwartet er von seinen Schülerinnen und Schüler. Auch wenn diese wohl eher bei Kilometer 30 oder 35 starten dürfen.

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