Katari bauen für 550 Millionen Luxus-Resort auf dem Bürgenstock
Der Alpenpalast der Scheichs

Mit katarischem Geld entsteht auf dem Bürgenstock das ehrgeizigste Tourismusprojekt der Schweiz. Statthalter der Araber ist ein Entlebucher. Ohne Bruno Schöpfer (60) könnten die Scheichs ihren Traum vergessen.
Publiziert: 05.08.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:14 Uhr
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Beim Palace Hotel ist bereits das Gerüst weg. Jetzt werden die alten Stuckdecken wieder eingebaut.
Foto: ZVG
Guido Schätti (Text) und Stefano Schröter (Fotos)

Das Emirat Katar steht im Verdacht, Terrormilizen in Syrien und Libyen zu finanzieren. In der Schweiz haben die Scheichs eine bessere Verwendung für ihre Erdgas-Milliarden gefunden: Sie kaufen alte Hotels und möbeln sie zu Palästen auf. Mehr als eine Mil­liarde Franken liessen sie es sich bisher kosten.

Der Schweizerhof in Bern und das Royal Savoy in Lausanne gehören ihnen. Unbestrittenes Prunkstück der Sammlung aber ist der Bürgenstock. Der 1100 Meter hohe Bergrücken im Vierwaldstättersee ist eine Ikone des Schweizer Tourismus. Vor 143 Jahren wurde hier das erste Grandhotel eröffnet. In den 50er- und 60er-Jahren feierte halb Hollywood Partys auf dem Bürgenstock.

Nun haben ihn die Scheichs entdeckt. Auf dem einen Kilometer langen, aber nur wenige Dutzend Meter breiten Landstreifen verbauen sie 550 Millionen Franken: Residenzen, ein Spa, zwei Luxushotels, eine als Hotel getarnte Klinik, ein Golfplatz.

Wer von Obbürgen NW her den Bergkamm erklimmt, sieht zuerst die Luxuswohnungen. Die teuersten und grössten sind links in den Felsen gefräst und haben Sicht auf den tiefblauen See. Von den günstigeren aus sieht man immerhin noch Eiger, Mönch und Jungfrau im Südwesten. Hier hat während des Baus Bruno Schöpfer (60) sein Büro, Managing Director der Katara Hospitality Switzerland AG und Statthalter der Scheichs in der Schweiz.

Schöpfer kennt die grosse und die kleine Welt. Aufgewachsen im Entlebuch, verbrachte er seine Karriere zum Grossteil im Ausland. 20 Jahre lang führte er die Häuser von weltumspannenden Ketten wie Mandarin Oriental oder Radisson. Zuletzt war er Mövenpick-Chef. Auf dem Bürgenstock hat er seine Bestimmung gefunden. Für das Projekt kann er seine ganze Erfahrung in die Waagschale werfen. Denn alle Fehler, die während der Planung gemacht werden, rächen sich brutal. Geht auf den Toiletten der Wasserschlauch vergessen, rümpfen die arabischen Gäste die Nase. Werden die Waren- und Personenströme nicht richtig durch den Hotelkomplex gelenkt, wird das Ganze nie funk­tionieren.

«Wir haben keinen Generalunternehmer», erzählt Schöpfer. Ein solcher schaue nur auf seine Rendite und mache sich dann aus dem Staub. Schöpfer kümmert sich um alles selbst. Er schliesst nur Einzelverträge mit Baufirmen und Zulieferern ab und kontrolliert penibel, dass alles so gemacht wird, wie er es sich vorgestellt hat. Dafür kurvt er per Golf-Caddy mit durchgedrücktem Gaspedal durch das riesige Areal.

Schöpfer kennt jeden Stein, jede Pflanze und jedes Plättchen. Die Anekdoten sprudeln nur so aus ihm heraus. «Diese Ecke musste ich dem Kantonsbauvorsteher geben», sagt er und zeigt auf den randlosen Aussenpool. Hier werden die Gäste in luftiger Höhe über dem Vierwaldstättersee schwimmen. Der Pool ist eines der Highlights des riesigen Spas, ein «Wow-Erlebnis», schwärmt Schöpfer.

Doch die rechte vordere Ecke des Schwimmbades musste er opfern – wegen eines schützenswerten Baumes. Herrlich kann sich Schöpfer über Politiker und Beamte aufregen, die ihm dreinreden und Auflagen machen wollen. «Alle denken nur an sich und wollen sich möglichst dreifach absichern. Aber niemand denkt ans Ganze.»

Neider und Nostalgiker werfen ihm Gigantismus und Verrat am historischen Erbe vor. Doch Schöpfer ist viel zu schlau, um nicht zu erkennen, welchen Schatz die Bürgenstock-Geschichte birgt. Natur- und Heimatschutz verteuerten die Baukosten um 43 Millionen Franken. «Aber wir beschweren uns nicht. Das sind die besten Marketinginvestitionen.» Nur so könne sich der Bürgenstock von der seelenlo-sen Glas- und Stahlarchitektur in den Städten abgrenzen.

Ein weiteres Missverständnis: Der Bürgenstock sei nur für die Reichen. Natürlich können sich die 30'000 Franken Monatsmiete für ein Luxusappartement oder eine Behandlung in der Klinik nur Superreiche leisten. «Aber nur Reiche geht nicht. Das Resort ist zu gross, um nur exklusiv zu sein.»

Das Spa steht auch Tagesgästen offen. Unter den 15 Restaurants gibt es Ausflugsbeizen mit sozialverträglichen Preisen. Und nächtigen kann man auch in einem Drei-Sterne-Haus. Der Businessplan ist fein austariert: Rund 100'000 Tagestouristen sollen für die kritische Masse sorgen. Wenn die Schweizer im Hochsommer ins Ausland reisen, kommen die Araber. In der Nebensaison erholen sich Kranke von Operationen, während Firmen und Verbände ihre Kongresse abhalten.

Im nächsten August ist der Eröffnungstermin. Schöpfer liegt im Plan, der Rohbau für das neue Fünf-Sterne-Hotel steht, beim Palace Hotel ist seit ein paar Wochen das Gerüst weg. Nun werden die alten Stuckdecken wieder eingebaut, die vor der Aushöhlung entfernt wurden.

Doch bis zur Einweihung muss Schöpfer noch manchen Kampf mit den Beamten ausfechten. 800 Mitarbeiter wird er für den Vollbetrieb benötigen, im Kanton Nidwalden sind aber gerade mal 13 Arbeitslose registriert. «Für unsere Restaurants brauchen wir Spezialisten aus Ländern ausserhalb der EU. Sonst sind wir nicht authentisch.» Die Behörden haben aber die Schraube bei den Bewilligungen massiv angezogen.

Ein ungelöstes Problem ist auch der Transport ins Resort. Für 15 Millionen will Schöpfer die alte Standseilbahn renovieren lassen. Sie bringt die Gäste von Kehrsiten direkt ins neue Grandhotel. Doch das Konzept funktioniert nur, wenn es Schiffsverbindungen ab Luzern gibt und sich Kantone und Bund an den Kosten beteiligen. «Kaum eine Bahn in der Schweiz funktioniert ohne Subventionen, nur bei uns soll das so sein», sagt Schöpfer.

Sein Handicap: Mit dem Staatsfonds von Katar im Rücken hat er beim Kampf um öffentliche Gelder einen schweren Stand. Zu Unrecht, findet Schöpfer: «Die Katari haben ein Recht darauf, gleich behandelt zu werden wie alle anderen auch. Sonst werden sie nicht mehr bei uns investieren.»

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