Kapsel-Krieger Gaillard will 2 Mrd vom Lebensmittel-Multi
«Nestlé wollte uns fertig machen»

Ex-Nespresso-Chef Gaillard (58) will in spätestens fünf Jahren an der Nestlé-Tochter vorbeiziehen. In Frankreich ist Gaillard heute schon eine grosse Nummer. Die Kapseln des Romands bestehen aus Pflanzenfasern und sind biologisch abbaubar.
Publiziert: 12.06.2015 um 21:45 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 17:36 Uhr
Interview: Ulrich Rotzinger

BLICK: Herr Gaillard, nach dreieinhalb Jahren dürfen Sie Ihre Nespresso-Klone wieder in der Schweiz verkaufen. Wie läuft das Geschäft? Jean-Paul Gaillard: Nestlé wollte uns erledigen. Doch meine Firma Ethical Coffee Company hat es definitiv zurück ins Schweizer Geschäft geschafft. Die Verkaufszahlen steigen seit Anfang 2015 exponentiell, wenn auch von einem tiefen Niveau aus.

Bis Nestlé vor Gericht den Verkaufsstopp erwirkte, hat nur Media Markt Ihre Kapseln in der Schweiz verkauft.
Nein. Das Verbot galt auch für Verkäufe übers Internet. Jetzt gibts unsere Kapseln im Gross- und Detailhandel. Jelmoli hat unsere Kapseln neu ins Regal genommen.

Sie wollen hierzulande in drei Jahren mehr Kapseln verkaufen als Platzhirsch Nespresso. Ganz ehrlich: Das schaffen Sie nicht!
Unsere Kapseln kommen an, der Kaffee schmeckt besser als der von Nespresso, und im Gegensatz zu denen der Mitbewerber bestehen sie aus Natur­fasern und sind als einzige biologisch abbaubar. In fünf bis sieben Jahren sind wir Marktführer beim Kapselkaffee.

Ohne einen Grossverteiler an der Seite zwingen Sie Nespresso nie in die Knie. Laufen Gespräche?
Ja, wir sind mit einem der beiden Grossverteiler im Gespräch.

Wie stehen die Chancen, bei Coop ins Regal zu kommen?
(Lacht) Ich nenne jetzt keinen Namen, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass der Deal klappt.

Ihr Hauptsitz ist in Freiburg. Sie produzieren im Ausland. Warum?
Wir würden ja gerne in der Schweiz produzieren. Aber solange wir uns mit Nestlé vor Gericht herumschlagen müssen, ist das Risiko für solche Investitionen zu hoch. Aber ich versichere: Wenn wir den laufenden Rechtsstreit in Lausanne gewinnen, bauen wir unsere zweite Fabrik hier in der Schweiz.

Wann rechnen Sie damit?
Wir gehen von ein bis zwei Jahren aus, bis ein finales Urteil gefällt ist. Das Konzept für die Fabrik liegt heute schon bereit.

Wieso sollte das Gericht zu Ihren Gunsten entscheiden?
Gegen uns liefen 15 Prozesse in Europa. Alle sind zu unseren Gunsten entschieden oder abgebrochen worden.

Haben Sie Hoffnung, dass Nestlé für das Ihnen entgangene Geschäft geradesteht?
Nein. Darum sind wir ja vor Gericht gegangen. Wir sprechen hier von einer Marge von 150 bis 200 Millionen Franken, die uns allein in der Schweiz seit 2011 entgangen ist. Das Geld wollen wir zurück. Wie in anderen Fällen sind wir bereit, durch alle Instanzen zu gehen. Insgesamt fordern wir zwei Milliarden Franken zurück. Je eine Milliarde in Europa und Ame­rika – sowohl als Schadenersatz als auch für Verletzungen unserer Patente.

Sie sind schwer zu durchschauen, verschweigen Ihre Geschäftszahlen. Warum?
Wir machen unsere Geschäftszahlen nicht öffentlich. Punkt. Unsere Umsätze wachsen stark. Zudem sind unsere Aktionäre wie etwa die Familie Benetton bereit, das Wachstum mit frischem Kapital zu unterlegen.

Werden Billiganbieter überleben können?
Es herrscht in der Schweiz ein Kapselkrieg bei den Billigkapseln von elf bis 25 Rappen. Hier mischen wir uns nicht ein. Nicht alle Billigmarken werden diesen Preiskrieg überleben. Die Musik spielt aber bei den Qualitätskapseln. Dort hat Nespresso (noch) einen Marktanteil von 80 Prozent. Nespresso wird aber Anteile verlieren und auch bei der Marge Federn lassen.

Und was tut Ihre Firma, um über­leben zu können? Ist ein Börsengang eine Option?
Wer spricht denn hier von überleben? Wir sind heute eine stark wachsende Gruppe und haben alle Kriege, die von Nestlé losgetreten wurden, und Gerichtsstreitigkeiten überbrücken und gewinnen können.

Das sind keine Antworten auf die Fragen!
Wir gehen gestärkt aus dem Krieg mit Nestlé hervor, wir konnten unser Produkt für die Kunden verbessern. Darum interessieren sich heute verschiedene Investoren der Industrie- und Finanzbranche für unsere Gruppe. Darum ist ein IPO, sprich ein Börsengang, auch nicht mehr auszuschliessen.

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