Julius-Bär-Chefstratege rät Anlegern zu Geduld
«Am besten schaltet man den Computer ab»

Christian Gattiker (51), Chefstratege bei Julius Bär, rät den Anlegern, die Börsenkrise auszusitzen. Bisher seien die Märkte nach jeder Epidemie wieder angestiegen. Doch jetzt müssten Zentralbanken und Politik zu neuen Massnahmen greifen – nach chinesischem Vorbild.
Publiziert: 10.03.2020 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2020 um 11:23 Uhr
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Christian Gattiker, Chefstratege bei der Privatbank Julius Bär: «Der Ölpreiskrieg erwischte die Anleger auf dem falschen Fuss.»
Foto: STEFAN BOHRER
Claudia Gnehm
Claudia GnehmStellvertretende Wirtschaftschefin

BLICK: Wie viel hat der Börsencrash mit dem Sturz des Ölpreises zu tun?

Christian Gattiker: Die Schärfe der Börsenkorrektur war um einiges grösser als in den letzten Wochen. Der Ölpreiskrieg erwischte die Anleger auf dem falschen Fuss und hat bei vielen einen Dammbruch ausgelöst. Es wurde zu teuer, die Positionen zu halten.

Ist der Tiefpunkt an der Börse erreicht?

Das ist schwer abzusehen. Der Stress, der jetzt in den Märkten ist, wird nun auf Notenbanker und Politik abgeschoben. Die Regierungen in Washington, Berlin und Bern müssen jetzt liefern, wie es die Chinesen machten. Sie haben für Liquidität gesorgt und damit die Finanzmärkte stabilisiert.

Raten Sie, Aktien zu verkaufen?

Normalerweise ist bei solchen Ausschlägen jeweils ein Zwischenplateau in Reichweite. Gestern hat uns ein Zusatzschock erreicht. Wenn man zurückschaut, konnte man solche Schocks meistens aussitzen.

Auch bei Epidemien?

Bei den letzten 13 Epidemien kamen die Märkte immer zurück. Aber es braucht Geduld. Am besten schaltet man den Computer ab – und schaut in ein paar Wochen wieder auf die Kurse.

Der Schweizer Leitindex SMI hat in diesem Jahr über 13 Prozent eingebüsst. Müssen wir wegen den Börsen um die Pensionskassen fürchten?

Diese rechnen über einen längeren Zeitraum. Ein Jahresminus von 13 Prozent Aktienrendite wäre keine gute Nachricht. Aber es bleiben immerhin noch fast zehn Monate, um diesen Rücksetzer aufzuholen.

Wie lange kann die Krise dauern?

Das hängt davon ab, wie schnell die Nationalbanken reagieren. Die Europäische Zentralbank hat schon diese Woche eine reguläre Konferenz, eventuell wird sie schon früher zu Massnahmen greifen. Es ist die Stunde von Zentralbank-Präsidentin Christine Lagarde. Steuersenkungen und Überbrückungskredite sind weitere mögliche Werkzeuge für die Politik in Europa.

Soll die Schweizerische Nationalbank die Zinsen senken?

Die Negativzinsen noch weiter zu senken, bringt nichts. Bis zur Corona-Krise hat sich die hiesige Wirtschaft nach allen Schocks gut angepasst. Die Nationalbank kann die Währungsinterventionen fortsetzen, um den Franken zu schwächen. Doch wenn die Nachfrage fehlt, bringt das den Exporteuren nichts. Leider ist die Schweiz bedingt unabhängig vom Ausland.

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