Nicht alle sind stolz darauf, doch keine Geiss schleckts weg: Banken gehören zur Schweiz wie Sackmesser, Schoggi und das Matterhorn.
In den vergangenen Jahren kam jedoch wiederholt die Frage auf, wie viel Swissness überhaupt noch in unseren Grossbanken steckt: Die Credit Suisse gehört Arabern und Amerikanern, bei der UBS haben ebenfalls Investoren aus den USA das Sagen.
Auch die Topmanager der Institute haben immer seltener einen Schweizer Pass. Bei der UBS stehen seit dem Abgang von Sergio Ermotti (61) erstmals zwei Ausländer an der Spitze. Verwaltungsratspräsident ist der Deutsche Axel Weber (64), auf dem CEO-Posten sitzt seit rund einem Jahr der Niederländer Ralph Hamers (55).
Viele hatten deshalb erwartet, dass im kommenden Frühjahr – wenn Weber wegen der Amtszeitbeschränkung abtreten muss – ein Schweizer neuer UBS-Präsident werden wird. Genannt wurde unter anderem der Name des ehemaligen Nationalbankpräsidenten Philipp Hildebrand (58).
Eine kleine Überraschung
Doch es kommt anders: Gestern gab die Grossbank bekannt, dass der Ire Colm Kelleher (64) an der Generalversammlung im April zum neuen Verwaltungsratspräsidenten gewählt werden soll.
Kelleher hat in Oxford Geschichte studiert. Dann aber entschied er sich für einen anderen Weg: Von 1989 bis 2019 arbeitete er für die US-Investmentbank Morgan Stanley, die letzten drei Jahre als deren Präsident.
Während der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2008 war er Finanzchef. Er habe eine «Schlüsselrolle» dabei gespielt, dass der Konzern nicht zusammengebrochen sei. Dies zumindest liess der Konzern bei seinem Abschied verlauten.
In den zwei Jahren seit seinem Abgang bei Morgan Stanley liess es Kelleher deutlich gemütlicher angehen: Er versuchte sich am Piano, wanderte auf dem Jakobsweg und lernte neue Sprachen.
Nun will er es noch mal wissen. Axel Weber, der abtretende Präsident, ist voll des Lobes für seinen designierten Nachfolger: «Mit seinen mehr als 30 Jahren Führungserfahrung und seinen hervorragenden Beziehungen weltweit passt er ideal zu UBS. Ich bin überzeugt, dass seine Erfahrung und seine Kompetenz äusserst wertvoll sein werden, um weiterhin das Beste für unsere Kunden, Investoren und Mitarbeitenden zu erreichen.»
Ganz wohl allerdings scheint es der Bank bei diesem Wechsel nicht zu sein. Denn eines geht Kelleher komplett ab: Swissness.
Immerhin ein Schweizer Vize
Um dieses Manko zu kompensieren, wird dem Iren ein Mann an die Seite gestellt, der hierzulande bestens vernetzt ist: Lukas Gähwiler (56), ehemaliger Chef des Schweiz-Geschäfts der UBS. Er soll im Verwaltungsrat das neu geschaffene Amt eines Vollzeit-Vizepräsidenten übernehmen.
Gähwiler ist Swiss Banker durch und durch: Seine Lehre machte der Mann aus Goldach SG bei der St.Galler Kantonalbank. Danach arbeitete er 20 Jahre lang für die Credit Suisse, bevor er 2010 zur UBS wechselte und Chef der Schweizer Division wurde.
2016 trat Gähwiler von der operativen Bühne ab und agiert seitdem nur noch als Verwaltungsratspräsident der UBS Schweiz. In dieser Funktion nimmt er für die Grossbank allerdings viele Repräsentationsaufgaben wahr: Er ist Vorstandsmitglied des Wirtschaftsverbands Economiesuisse, präsidiert den Arbeitgeberverband der Banken und sitzt im Verwaltungsrat der Opernhaus Zürich AG.
Ausserdem ist er Verwaltungsrat bei den Flugzeugwerken Pilatus sowie beim Medienkonzern Ringier, der auch den SonntagsBlick herausgibt.
In der gestrigen Mitteilung machte die UBS kein Geheimnis aus Gähwilers Auftrag, dafür zu sorgen, dass die Bank ihren Bezug zur Schweiz nicht verliert: «Als Vizepräsident wird es zu seinen Aufgaben gehören, UBS in den wichtigsten Schweizer Verbänden und Branchenorganisationen sowie bei politischen Interaktionen zu repräsentieren.»
Breite Anerkennung
Axel Weber scheint überzeugt zu sein, dass dies dem Ostschweizer gelingen wird: «Er geniesst weitherum breite Anerkennung als einer der angesehensten Banker der Schweiz.»
Gähwiler selbst zeigt sich von «Freude und Stolz» über seine Nomination erfüllt. «Die starke globale Präsenz und Reichweite von UBS beruhen auch auf unserem Erfolg im Heimmarkt Schweiz, der mir persönlich sehr am Herzen liegt», lässt er sich im Mediencommuniqué zitieren.
Er freue sich darauf, die Bank in Interaktionen mit verschiedenen politischen Exponenten vertreten zu dürfen.
Dass die UBS mit Gähwiler nun eine grosse Kommunikationsoffensive startet, ist allerdings nicht zu erwarten. Auftritte auf Abstimmungspodien und in der «Arena» seien auch in Zukunft nicht geplant, wie aus dem Umfeld der Bank zu vernehmen ist. Gähwiler werde eher hinter den Kulissen agieren, insbesondere in Bundesbern.
Kein Komplettumbau
Ohnehin dürfte das Sesselrücken an der Konzernspitze keinen Komplettumbau im UBS-Organigramm zur Folge haben. Vielmehr dürfte der neue Präsident Kelleher die schrittweise Erneuerung fortführen, die Weber in den vergangenen Jahren eingeleitet hatte.
CEO Ralph Hamers soll in erster Linie die Digitalisierung der Bank vorantreiben und die teils starren Hierarchie-Strukturen auflösen. Zudem will die Bank in der internationalen Vermögensverwaltung ihr starkes Wachstum vorantreiben, insbesondere in Asien.
Eine Radikalkur hat die UBS im Augenblick auch gar nicht nötig: Im dritten Quartal verdiente die Bank 2,3 Milliarden Franken – so viel wie seit Jahren nicht mehr.
Neuer UBS-Präsident: Colm Kelleher wird Nachfolger von Axel Weber