Jetzt schreitet der Bund ein
Swisscom hat Konkurrenz bis fünf Mal zu viel verrechnet

Die Telekomriesin Swisscom muss Sunrise und Salt die Mitbenutzung ihres Netzes zu tieferen Preisen erlauben – die Preissenkungen erfolgen dabei rückwirkend für die Jahre 2013 bis 2016. Es geht um Dutzende Millionen Franken.
Publiziert: 12.02.2019 um 09:26 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:14 Uhr
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Dutzende Millionen zu viel verlangt: Der Bund zwingt die Swisscom, der Konkurrenz Geld zurückzuzahlen.
Foto: Keystone
Konrad Staehelin

Es rummst im Schweizer Telekom-Markt. Die Eidgenössische Kommunikationskommission Comcom hat entschieden, dass die Swisscom ihren Mitbewerberinnen Salt und Sunrise zwischen 2013 und 2016 für die Mitbenutzung ihrer Netze zu viel verlangt hat. Jetzt muss sie der Konkurrenz den entstandenen Schaden zurückzahlen – es geht um Dutzende Millionen Franken.

Für gewisse Leistungen hat die Behörde den Preis nachträglich um 80 Prozent tiefer angesetzt als die Swisscom! Im Umkehrschluss bedeutet das: Diese hat teilweise fünf Mal zu viel für die Leistung verlangt. Konkret geht es in diesem Fall um die sogenannten Mietleitungen, also garantierte Übertragungskapazitäten zwischen zwei Standorten.

Den Löwenanteil am Betrag, der nun zurückbezahlt werden muss, macht jedoch die sogenannte letzte Meile in die Haushalte hinein aus, den Salt und Sunrise ebenfalls von der Swisscom anmieten. Dort seien die Preise zwischen 10 und 25 Prozent zu hoch gewesen, hat die Comcom entschieden. Im Bereich der Kabelkanalisationen, welche die Swisscom der Konkurrenz anbietet, hatte die Comcom dagegen nichts zu meckern.

«Haben Rückstellungen gebildet»

Die Swisscom analysiert nun die Verfügungen und prüft, ob sie in strittigen Grundsatzfragen an das Bundesverwaltungsgericht weitergezogen werden sollen. Dies schrieb sie heute Morgen in einem Communiqué.

Ein Sprecher konkretisiert die finanziellen Auswirkungen für die Jahre 2013 bis 2016 gegenüber BLICK: «Es handelt sich jährlich um einen tiefen zweistelligen Millionenbetrags.» Bei vier Jahren und mindestens 10 Millionen Franken im Jahr kommt man so auf einen Minimalbetrag von 40 Millionen, die Salt und Sunrise der Swisscom zu viel bezahlt haben.

Der Swisscom-Sprecher weiter: «Darauf basierend hat Swisscom Rückstellungen gebildet.» Auf Deutsch: Die Swisscom hat gewusst, was sie tut. Sie hat die Preisberechnungen nach jener Methode angestellt, die ihr am meisten brachte, und gehofft, damit durchzukommen. Nun hat die Konkurrenz aber bei der Comcom reklamiert – mit Erfolg.

Die Frage ist  nun, ob und in welcher Form die Kunden von Salt und Sunrise vom Geldregen profitieren werden. Auf Nachfrage will sich Sunrise erst einmal Zeit zum Einlesen nehmen: «Wir evaluieren den mehrere Hundert Seiten umfassenden Entscheid und kommentieren diesen während der laufenden Rechtsmittelfrist nicht weiter.» Diese dauert 30 Tage. Salt hat bisher auf eine Anfrage noch nicht reagiert.

Vielleicht wissen sie es noch nicht einmal selbst – die Comcom hatte alle Beteiligten erst gestern Abend informiert.

Hier ist die marktbeherrschende Stellung erwünscht

Warum bietet die Swisscom der Konkurrenz solche Leistungen überhaupt an? Während in den meisten Fällen eine marktbeherrschende Stellung einer einzelnen Firma nicht erwünscht ist, ist das in diesem Fall sinnvoll. Schliesslich wäre es ineffizient, wenn neben der Swisscom auch Salt und Sunrise eine Infrastruktur auf der letzten Meile betrieben.

Gemäss Fernmeldegesetz ist die Swisscom darum verpflichtet, bestimmte Dienstleistungen der Konkurrenz zu kostenorientierten Preisen anzubieten. Zur Streitfrage ist nun geworden, was «kostenorientiert» heisst.

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