Wenn Körperteile schlapp machen, dann hat die Medizin immer öfter eine Lösung parat. Implantate und Prothesen sind nichts anderes als Ersatzteile. Der Markt boomt, denn sie bieten oft eine ganz neue Lebensqualität. Wenn etwas schiefgeht aber auch Schmerz und Pein.
Seit 2012 werden alle Knie- und Hüftimplantate, die in der Schweiz eingesetzt wurden, systematisch erhoben. Und im Schweizerischen Implantat-Register (Siris) öffentlich zugänglich gemacht. Das Resultat: 1,9 Prozent aller Hüftprothesen-OPs mussten nach einem Jahr revidiert werden. Bei den Knien sind es zwei Prozent innerhalb von 24 Monaten. Mit anderen Worten: Jede 50. Operation ist ein Fehlschlag!
Für die Betroffenen ist das ein Horror. Für das Gesundheitssystem ein teures Problem. Laut Schätzungen des Krankenkassenverbandes Santésuisse schlagen die misslungenen Hüft- und Knieoperationen jedes Jahr mit zehn Millionen Franken zu Buche. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Anfang Woche sorgten die sogenannten «Implant Files»-Recherchen eines internationalen Journalisten-Netzwerks für Aufsehen: Ein in der Schweiz mitentwickeltes Wirbelsäule-Implantat kann im Körper zerbröseln, berichtete der «Tages-Anzeiger».
Gesetz sieht schon lange Qualitätskontrollen vor
Ausgerechnet bei Wirbelsäule-OPs fehlen aber vollständige Informationen. Das 80 Milliarden Franken teure Schweizer Gesundheitssystem dokumentiert die Qualität – sei es nun die Arbeit der Ärzte oder der Zustand der Implantate – nur ungenügend. Dass überhaupt Zahlen zu Knie- und Hüftprothesen vorliegen, ist eine positive Ausnahme.
Eigentlich sieht das Gesetz schon lange Qualitätskontrollen vor. Im Sommer beschloss der Nationalrat sogar Sanktionen für Ärzte, die die notwendigen Informationen nicht liefern wollen. Das Geschäft ist jetzt im Ständerat blockiert. Im Hintergrund wird offenbar gegen die Sanktionen lobbyiert. «Seit 20 Jahren bleibt die gesetzliche Vorgabe, welche Qualitätsmessungen und Transparenz verlangt, ein toter Buchstabe – zum Nachteil der Patienten und Krankenversicherer!», schimpft SVP-Nationalrat und Santésuissepräsident Heinz Brand (63). Prisca Birrer-Heimo (59), SP-Nationalrätin und Konsumentenschutz-Präsidentin, wird wegen der Implant Files nun im Parlament aktiv (siehe Box). Sie sagt: «Wenn eine Operation schiefgeht, dann ist es am Schluss einerlei, ob jetzt das Implantat fehlerhaft war oder ob der Arzt schlecht gearbeitet hat. Heute fehlen die Informationen für beides.»
Wenn Ärzte wissen, dass ihre Arbeit überprüft wird, operieren sie seltener
Mit mehr Transparenz wüssten die Patienten zum Beispiel, welche Operation in welchem Spital am häufigsten erfolgreich verläuft. Und könnten entsprechend auswählen. Dass dank besserer Überwachung auch die Kosten sinken, zeigte ein Bericht des Radio-SRF-Magazins «Espresso» am Freitag. Die Sendung zitierte eine Studie, die die Knie- und Hüftimplantate im Kanton Basel-Stadt unter die Lupe nimmt. Die ersten Erkenntnisse sind brisant: Weil die Ärzte wissen, dass ihre Arbeit überprüft wird, operieren sie seltener.
In der Schweiz müssen Implantate – im Gegensatz zu Medikamenten – nicht speziell geprüft werden. Ein privates Siegel reicht für die Zulassung. Die Behörde Swissmedic überwacht den Markt mit Inspektionen. Wegen der von den «Implant Files» aufgespürten Skandal-Implantaten nimmt sich nun SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo die Arbeit von Swissmedic vor. Sie will vom Bundesrat wissen, wie viele Inspektionen 2019 geplant sind. Und weshalb die Behörde die Resultate ihrer Kontrollen nicht öffentlich macht.
In der Schweiz müssen Implantate – im Gegensatz zu Medikamenten – nicht speziell geprüft werden. Ein privates Siegel reicht für die Zulassung. Die Behörde Swissmedic überwacht den Markt mit Inspektionen. Wegen der von den «Implant Files» aufgespürten Skandal-Implantaten nimmt sich nun SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo die Arbeit von Swissmedic vor. Sie will vom Bundesrat wissen, wie viele Inspektionen 2019 geplant sind. Und weshalb die Behörde die Resultate ihrer Kontrollen nicht öffentlich macht.