IT-Experte begegnet der Datenwelt mit Misstrauen
«Leider habe ich jetzt ein Smartphone»

IT-Sicherheitsprofessor Hannes Lubich (56) verzichtet auf fast alle Annehmlichkeiten des digitalen Zeit­alters. Zum Schutz vor Missbrauch.
Publiziert: 31.03.2018 um 23:53 Uhr
|
Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:45 Uhr
1/4
Hannes Lubich sieht in den neuen Technologien viel Potenzial – aber auch viele Gefahren.
Foto: Thomas Meier
Interview: Moritz Kaufmann

Herr Lubich, haben Sie ein Smartphone?
Hannes Lubich: Ja, leider. Ich hab die letzten 15 Jahre keines verwendet. Dann ist mir aber mein altes Nokia kaputtgegangen. Ich ging also in den Swisscom-Shop und sagte: «Ich möchte ein neues Handy, aber kein Smartphone». Der Verkäufer offerierte mir zwei Seniorentele­fone. Das war mir dann doch zu peinlich. Ich würde aber nicht im Traum daran denken, mit dem Smartphone etwas zu tun, was eine Benutzer-Authentisierung verlangt oder wo Geld fliesst, wie Apple Pay, Twint oder was auch immer.

Auch keine sozialen Medien?
Nur Xing. Das ist das Einzige. Facebook sicher nicht. Eine Firma, die von der Vermarktung meiner Daten lebt, tue ich mir nicht an.

Was ist mit E-Banking?
Muss ich ab und zu, weil es ja immer weniger Bankschalter gibt. Ich habe eine Bank nur für online und eine Bank für andere Dinge. Um E-Banking zu benutzen, habe ich einen Minicomputer und einen Stick mit dem Betriebssystem. Nur wenn die zusammenkommen, kann ich das E-Banking nutzen. Der Computer und der Stick werden in zwei separaten Tresoren aufbewahrt.

Was ist denn so schlimm, wenn zum Beispiel mein Geburtsdatum bekannt ist?
Das Geburtsdatum an sich ist völlig unkritisch. Es ist aber interessant in der Korrelation mit anderen Daten. Wer die zusammensetzt und zu welchem Zeitpunkt, davon haben Sie keine Ahnung! Man sieht einem einzelnen Datenelement nicht an, ob es mir schadet. Deshalb gibt es in der Verfassung das Recht auf Privatsphäre.

Also sollte man sich – wie Sie – überhaupt nirgends registrieren?
Jein. Ich kann das, denn ich kenne mich mit IT aus. Zum Surfen verwende ich auf meinem Notebook eine eigene virtuelle Maschine. Wenn sie verseucht wird, kann ich die ganz einfach rekonstruieren. Das ist aber meine Exotenlösung, das ist nicht massentauglich.

Man halt also keine Chance.
Auch ich kann mich der Datenwelt nicht verweigern. Ich kann mich nur verzögern, bis sich eine Grundsicherheit doch noch einstellt. Das Problem ist ja: Die Technologie entwickelt sich so schnell, dass wir das gar nicht mehr verarbeiten können. Auch früher wurden der Menschheit verrückte Technologien an den Kopf geschmissen – Autos oder Fernseher zum Beispiel –, aber dann hatten wir mehrere Generationen lang Zeit, um den richtigen Umgang damit zu entwickeln.

Und heute?
Heute werfen wir einer Generation drei bis vier solche Technologien an den Kopf. Die Gesellschaft hat gar keine Zeit mehr herauszufinden, was eine akzeptable Form der Nutzung ist. Auch die Juristen schwimmen. Die Gesetze hinken ständig hinterher. Da geht eine Schere auf, die mir Angst macht. Bald kommt künstliche Intelligenz, die selbst lernen und entwickeln kann. Wer ist dann verantwortlich, wenn etwas schiefläuft?

Das hat aber auch alles viel Potenzial.
Unglaublich viel Potenzial, ja! Aber auch viel Potenzial zum Schiefgehen. Denn die Ersten, die die neuen Technologien verstehen, sind die Kriminellen. Da ist mit viel weniger Investition mehr Geld zu holen als im Waffenhandel, Drogenhandel oder der Prostitution.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.