Internet der Dinge
Wettbewerbshüter nehmen Markt für Smart-Home-Geräte ins Visier

Vom in der Armbanduhr integrierten Gesundheitsüberwachungssystem bis zum Kühlschrank, der automatisch Lebensmittel nachbestellt - die Entwicklung im «Internet der Dinge» verläuft rasend schnell. Nicht nur Sicherheitsexperten sehen Risiken.
Publiziert: 16.07.2020 um 16:06 Uhr
Beim Internet der Dinge geht es längst nicht mehr nur um traditionelle Computer oder Smartwatches, sondern um Alltagsgegenstände wie Autos, Spielzeug, medizinische Geräte oder Heizungssteuerungen. (Symbolbild)
Foto: ARMANDO BABANI

Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission sehen die Gefahr eines Missbrauchs von Daten aus intelligenten Haushaltsgeräten und am Körper getragenen Computersystemen und starten deswegen eine Marktuntersuchung. «Wenngleich sich das Internet der Dinge für verbraucherbezogene Produkte und Dienstleistungen noch in einem relativ frühen Entwicklungsstadium befindet, gibt es Anhaltspunkte dafür, dass bestimmte Unternehmenspraktiken zu strukturellen Wettbewerbsverzerrungen führen können», teilte die Brüsseler Behörde am Donnerstag mit.

So gebe es beispielsweise Hinweise darauf, dass Unternehmen den Zugang zu bestimmten Daten beschränkten oder eigene Unternehmensteile bevorzugten.

Beschäftigen wird sich die Untersuchung zum Beispiel mit Uhren wie der Apple Watch, Fitness-Trackern und intelligenten Kühlschränken, Waschmaschinen, Fernsehgeräten und Beleuchtungssystemen. Zudem sollen auch Informationen über Dienstleistungen gesammelt werden, die über intelligente Geräte bereitgestellt werden, so zum Beispiel über Musik- und Video-Streamingdienste oder Sprachassistenten.

«Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen intelligenten Kühlschrank, der Ihre Einkaufsliste erstellt, und Sie könnten diese Liste einfach auf Ihr intelligentes Gerät laden und die Produkte dann bei einem Geschäft bestellen, das die Lebensmittel bis an ihre Haustür liefern lässt, die sich auf Sprachbefehl automatisch öffnet», kommentierte die zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager. Um dies zu ermöglichen, werde es den Zugang zu grossen Mengen von Nutzerdaten brauchen. «Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die Marktteilnehmer ihre Kontrolle über diese Daten nicht dazu missbrauchen, den Wettbewerb zu verfälschen oder auf andere Weise Wettbewerber vom Markt auszuschliessen», erklärte sie.

Sicherheitsfachleute warnen unterdessen schon lange vor anderen Risiken im Internet der Dinge. «Wir reden nicht mehr nur von traditionellen Computern, sondern von Alltagsgegenständen wie Autos, Spielzeugen, medizinischen Geräten oder Heizungssteuerungen», sagte der US-Experte Bruce Schneier im vergangenen Jahr am Rande der Fachkonferenz «Cyber Security Nordic» in Helsinki. «Wenn meine Tabellenkalkulation abstürzt, verliere ich vielleicht meine Daten. Aber wenn mein Herzfrequenz-Messgerät crasht oder die Bremsen meines autonom fahrenden Autos versagen, kann ich vielleicht dabei sterben.»

Auch ein smarter Kühlschrank könne sich inzwischen eine Schadsoftware einfangen und dadurch Teil eines sogenannten Botnetzwerks werden, mit dem Angriffe in Internet gestartet werden können, sagte Schneier.

Zurückdrehen lassen wird sich die Entwicklung allerdings nicht mehr. Nach Angaben von Vestager wird es bis 2023 schätzungsweise mehr als 180 Millionen Smart-Home-Geräte in Europa geben. Bereits Ende vergangenen Jahres seien es rund 110 Millionen gewesen. Der Markt werde in den kommenden vier Jahren vermutlich auf 27 Milliarden Euro wachsen, sagte die Dänin.

Für die Untersuchung wird die EU-Kommission nun 400 Unternehmen, die im Bereich des Internets der Dinge für verbraucherbezogene Produkte und Dienstleistungen in der EU tätig sind, Auskunftsersuchen übermitteln. Zu den Adressaten können beispielsweise Hersteller intelligenter Geräte, Softwareentwickler oder Anbieter entsprechender Dienstleistungen gehören.

Die ersten Ergebnisse der jetzt gestarteten Untersuchung sollen im Frühjahr 2021 veröffentlicht werden, der Abschlussbericht dann im Sommer 2022. Sie könnten auch Grundlage für Kartellverfahren gegen Unternehmen werden. «Die Untersuchung wird uns nicht davon abhalten, auch andere Dinge zu tun», warnte Vestager.

(SDA)

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