Im Wirtschaftsskandal des Jahres fällt vor allem das Schweigen der Politiker auf. Klare Statements zur mutmasslichen Selbstbereicherung an der Spitze der systemrelevanten Raiffeisen-Gruppe sind rar.
Die ohrenbetäubende Stille ist die Frucht einer lehrbuchmässigen Lobbyarbeit: Unter ihrem ehemaligen CEO Pierin Vincenz (61) hat sich die Bank auf allen Ebenen mit der Politik verzahnt.
In einer Präsentation für ein Raiffeisen-Delegiertentreffen im Jahr 2015 wird die Strategie definiert: «Geräuschlos und informell» sollen die Interessenvertreter vorgehen. «So früh wie möglich an den richtigen Stellen» müsse man sein; schliesslich sei die Politik «der wichtigste Markt für Unternehmen», wie es in dem Papier heisst.
Das «Political Office» der Bank war nicht untätig.
Raiffeisen ist neben den Kantonalbanken treibende Kraft hinter der «Koordination Inlandbanken». Der Klub war treuer Partner der ehemaligen Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (62). Die dazugehörige parlamentarische Gruppe Inlandbanken vereinigt laut ihrer Webseite 60 National- und Ständeräte.
Auch bei der «IG Genossenschaftsunternehmen» ist Raiffeisen ein Hauptakteur. Als Delegierter des Verwaltungsrates ist Raiffeisen-Mann Franco Taisch an Bord.
Im Bundeshaus übernimmt ein CVP-Mann
Der Raiffeisen-Cheflobbyist im Bundeshaus heisst Hilmar Gernet. Er führt das Sekretariat der Parlamentsgruppe Inlandbanken – und war früher CVP-Generalsekretär. Als Co-Präsidenten der Parlamentariergruppe hat er CVP-Ständerat Pirmin Bischof (59) und SVP-Nationalrat Jean-François Rime (67) geholt.
Auch im Raiffeisen-Verwaltungsrat ist mit SVP-Frau Rita Fuhrer (64) Politprominenz vertreten.
Und selbstverständlich fliesst auch Geld: Raiffeisen zahlt den Parteien im Bundeshaus jährlich 246'000 Franken.
Am meisten erhielt letztes Jahr die SP-Fraktion mit 58'533 Franken. Die FDP erhielt 54'442 Franken, die SVP 53'345 Franken; für die CVP gab es 51'982 Franken. Nicht zu Unrecht ist im Lobby-Papier selbstbewusst von einer «Raiffeisen Fraktion» in Bern die Rede.