«Unsere Branche leidet», sagt Heinz Marti (64), Bauingenieur und Präsident des Berufsverbands Usic. Speziell bei öffentlichen Aufträgen würden sich Ingenieure und Planer einen ruinösen Preiskampf liefern. «Es wird jedes Jahr schlimmer. Teilweise liegen die Stundenansätze, die den Kunden verrechnet werden, schon bei unter 70 Franken. Für dieses Geld würde kaum ein Handwerker zum Werkzeug greifen. In unserer Branche aber arbeiten teilweise Hochschulabsolventen zu diesen Tarifen!»
Tiefe Preise bei öffentlichen Beschaffungen – das freut natürlich den Steuerzahler. «Kurzfristig sicher», räumt auch Marti ein. Allerdings habe der Preiskampf dramatische Folgen. «Das führt zu Minimalismus und weniger Qualität.» Bei jungen Ingenieuren steige das Frustpotenzial. Und weil die Margen immer dünner würden, blieben Weiterbildung und Arbeitskultur auf der Strecke. «Zusammengenommen können diese Entwicklungen für den Steuerzahler mittelfristig sehr teuer werden», warnt Marti.
Dass der Ingenieur-Chef gerade jetzt in die Offensive geht, kommt nicht von ungefähr. Derzeit überarbeiten Bund und Kantone ihre Beschaffungsgesetze, über welche jedes Jahr Aufträge im Umfang von weit über 30 Milliarden Franken abgewickelt werden.
Genau dieses Regelwerk ist für Marti schuld am Preisgeschacher: Zwar würden bei Auftragsvergaben auch weiche Kriterien wie Referenzen und Qualität berücksichtigt. «Faktisch ist der Preis aber zu oft das allein entscheidende Merkmal. Qualität und Nachhaltigkeit einer Leistung sind halt schwer messbar.» Marti plädiert deshalb dafür, dass diese qualitativen Kriterien künftig mehr Gewicht erhalten. «Die Hebelwirkung einer guten Planung auf den Endpreis und die Kosten für Betrieb und Unterhalt sind enorm.»
Unterstützt wird Marti von Hans Grunder. Der BDP-Nationalrat ist einer der letzten Ingenieurunternehmer im Bundesparlament. «Es ist leider so: Oft übersteuert der Preis die Qualität.» Soll denn der Wettbewerb eingeschränkt werden? «Überhaupt nicht», sagt Grunder. «Es braucht Wettbewerb. Aber er soll nicht nur über den Preis, sondern auch über die Qualität stattfinden.»