Mehr als 9000 Jobs hat der Frankenschock allein die Industrie gekostet. Doch nun ist das Schlimmste vorbei: Im zweiten Quartal haben die Schweizer Industriefirmen erstmals wieder zusätzliches Personal eingestellt. Der Auftragseingang zog um 18 Prozent an. Das sorgt für Freude auf dem Werkplatz, bei Angestellten wie Patrons.
Aber auch die Hochfinanz reibt sich die Hände. Ihre Vertreter nehmen die Trendwende zum Anlass, eine Attacke gegen die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu reiten: Die Negativzinsen müssen weg, lautet ihre Forderung.
Drei schwerreiche Herren im Pensionsalter
Wortführer sind dieselben, die schon vor zwei Jahren Stimmung gegen den Euro-Mindestkurs machten: Ex-SVP-Nationalrat Christoph Blocher (75), Ex-UBS-Chef Oswald Grübel (72) und der Pensionskassenberater Martin Janssen (68). Drei schwerreiche Herren im Pensionsalter.
Auch die Ökonomen von Wellershoff & Partners, ein Verbund von Ex-UBSlern, gehören zum Lager der Negativzins-Gegner. Der «Tages-Anzeiger» und die «Schweiz am Sonntag» räumten ihnen viel Platz ein, um ihre Ansichten zu verbreiten.
«Das ist verantwortungslos»
Bei der Industrie kommen die Attacken schlecht an. «Das ist verantwortungslos», sagt Hans Hess (60), Präsident des Firmenverbandes Swissmem. «Natürlich freut sich niemand über die Negativzinsen, aber sie helfen, den Frankenkurs zu stabilisieren. Fallen sie weg, kostet das erneut Tausende von Arbeitsplätzen», sagt Hess zu BLICK.
Auch die Gewerkschaften sind empört. «Wenn die SNB nach dem Mindestkurs noch die Negativzinsen aufgeben sollte, käme der Franken unter noch stärkeren Aufwertungsdruck», schreibt Daniel Lampart (47), Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB), in seinem Blog. Das wäre schlecht für Jobs, Löhne und Investitionen, so Lampart.
Negativzinsen verfehlten ihr eigentliches Ziel
Blocher und Konsorten kritisieren, die Negativzinsen schädigten die Pensionskassen, führten zu Blasen an den Aktien- und Häusermärkten und verfehlten ihr eigentliches Ziel: die Wirtschaft anzukurbeln.
Dass die Negativzinsen negative Nebenwirkungen haben, ist unbestritten. Doch mit harten Auflagen für die Banken ist es der SNB gelungen, die Überhitzung des Immobilienmarktes in den Griff zu bekommen. Und die Gegner verschweigen geflissentlich, dass die SNB mit den tiefen Zinsen nicht die Wirtschaft ankurbeln, sondern den Franken schwächen will. Und das ist ihr ziemlich gut gelungen – dank Eurokäufen, aber auch dank der Negativzinsen.