In den 50er Jahren
Schweizer Crypto hatte Kontakte mit NSA

Der Firmengründer der in der Informationssicherheit tätigen Crypto AG unterhielt in den 1950er-Jahren freundschaftliche Beziehungen zu einem hohen Vertreter des US-Geheimdienstes NSA. Dies belegen Dokumente aus dem Jahr 1955, die jüngst öffentlich wurden.
Publiziert: 30.07.2015 um 18:40 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 01:06 Uhr

Wie familiär der Umgang zwischen Firmengründer Boris Hagelin und dem NSA-Mitarbeiter William Friedman war, zeigt ein Bericht, den der US-Amerikaner im Februar 1955 anlässlich eines Besuchs bei der Crypto AG in Zug verfasste.

Das Dokument war bis vor kurzem vom US-Geheimdienst als streng geheim eingestuft. Britische und Schweizer Medien berichteten nun darüber und machten es im Internet zugänglich.

Friedman erhielt laut seiner Schilderung des mehrtägigen Besuchs Einblick in die technische Funktionsweise mehrerer aktueller Chiffriermaschinen, welche die Crypto AG seinerzeit herstellte. Der Kryptografiepionier erfuhr auch, welche Staaten die Firma mit welchen Maschinen belieferte.

Jordanien hatte demnach etwa 30 Maschinen erworben, Syrien rund 50 «eines älteren Modells». Hagelins Heimatland Schweden gehörte ebenso zu den Bezügern wie Belgien, Frankreich, Grossbritannien oder Irland. Gespräche über Bestellungen liefen mit Polen, Ungarn, Ägypten, Irak, Brasilien und Indien.

Hagelin war in jener Zeit gerade dabei, sein Unternehmen von Schweden in die Schweiz umzusiedeln. Auf die Frage seines Freundes, warum er mit Crypto nicht in die USA ziehe, antwortete Hagelin, dass er davon ausgehe, dass er dann nicht dorthin exportieren könnte, wo er wolle. Friedman entgegnete, dass es in der Tat schwierig sein könnte, aus den USA «hinter den Eisernen Vorhang» zu liefern.

Das eigentliche Ziel Friedmans Reise in die Schweiz war es aber, dem Crypto-Patron einen «Vorschlag» zu unterbreiten, «der für uns zufriedenstellend und für ihn (Hagelin) vielleicht akzeptabel wäre», wie Friedman schrieb. Was die Verabredung genau beinhaltete, geht aus dem Dokument nicht hervor, da die entscheidenden Passagen vor der Veröffentlichung geschwärzt worden sind.

Seit den 1980er-Jahren wurden in der Presse Gerüchte kolportiert, wonach Crypto mit deutschen oder US-Geheimdiensten kooperiert haben soll. So sollen die Dienste verschlüsselte Kommunikation von anderen Staaten problemlos ausgespäht haben, weil sie über einen Schlüssel dafür verfügten.

Die Zuger Firma hat diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. Beweise dafür liefert auch das neu aufgetauchte Dokument nicht.

Geld wollte Hagelin für seine Dienste gemäss Friedmans Bericht nicht entgegennehmen. Allerdings hatten verschiedene seiner Verwandten zuvor von der Kulanz der NSA profitiert.

So hatte der Geheimdienst zugunsten von Hagelins Schwiegersohn bei der US-Luftwaffe interveniert. Eine Cousine von Hagelins Gattin bekam bei der NSA einen Job - wofür sich Hagelin gemäss dem Bericht bedankte. Unklar ist auch, wie lange die Verabredung zwischen Friedman und Hagelin gültig war.

Behauptungen, die Crypto AG habe Nachrichtendienst betrieben, hatte 1994 auch ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma in die Welt gesetzt. Hans Bühler hatte zuvor im Iran rund neun Monate in Haft gesessen. Gegen eine Kaution von einer Million Dollar kam er frei, wurde aber wegen Spionage verurteilt. Die Firma klagte wegen der Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Mitarbeiter, einigte sich aber in einem Vergleich.

Das nun freigegebenen Dokument will die Crypto AG heute - «60 Jahre später» - nicht kommentieren, wie sie auf Anfrage mitteilte. Grundsätzlich sei es bekannt gewesen, dass Hagelin und Friedman eine tiefe Freundschaft verband.

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