Wenn die Preise für Häuser explodieren, freuen sich die Immobilienmakler. Denn sie kassieren Provisionen: je höher der Verkaufspreis, desto grösser ihre Einnahmen.
Nun mischen Onlineplattformen den Markt auf. Sie verlangen statt Provisionen einen tiefen Fixpreis – egal, was die Immobilie kostet.
Die Idee funktioniert. So steigerte die Firma Neho seit ihrem Markteintritt 2018 den Umsatz auf 14 Millionen Franken. «Gemessen an den Verkaufszahlen sind wir bereits der grösste Immobilienvermittler im Land», sagt Neho-Chef Eric Corradin (39). Er verkauft Wohneigentum zum Fixpreis von 9500 Franken. Noch tiefer geht die neue Plattform Homedeal24. Ihr Vermittlungspreis liegt bei 969 Franken. «Wir wollen das verkrustete System aufbrechen», sagt CEO Emmanuel Hoffmann (42).
Jetzt reagieren die traditionellen Makler: «Die Rechnung geht für den Eigentümer nicht auf», so einer von ihnen hinter vorgehaltener Hand. Er hat die Plattformen inkognito getestet – und zeigt damit, wie ernst er die digitale Konkurrenz nimmt. Seine Kritik: «Bei diesen Plattformen sind die Hausbesitzer die Verlierer!»
Zu tief bewertete Objekte
Aus der Luft gegriffen sei der Vorwurf nicht, sagt Gabriel Diezi (31), Leiter Deutschschweiz bei der Makler-Vermittlerin Bestag. Zwar spare der Verkäufer mit dem Fixpreis-Modell auf den ersten Blick Kosten. «Doch bei dieser Rechnung geht er davon aus, dass der Verkaufspreis beim klassischen Makler der gleiche ist wie beim Fixpreis-Makler.» Bloss treffe das in der Regel nicht zu: «Das Ziel der Onlineplattformen ist der schnelle Verkauf», so Diezi. Deshalb bewerteten sie die Objekte oft zu tief, um sie schnell los zu werden.
Die Folge: «Wenn die Eigentümer 20 000 Franken Provision sparen, ihr Objekt aber 100'000 Franken unter Wert verkaufen, sind sie tatsächlich die Verlierer», sagt Diezi.
Ebenso einschneidend wirke sich aus, dass die Plattformen die Besichtigungen komplett den Besitzern überliessen. Spätestens nach fünf Führungen hätten die Verkäufer genug, sagt Diezi. «Dann verkaufen sie, obwohl ein höherer Preis möglich wäre.»
Makler-Vermittlerin Bestag hat eine Umfrage unter 300 Immobilienbesitzern gemacht, die zeigt: Für 72 Prozent ist der Preis das wichtigste Kriterium beim Verkauf. Deshalb stellt Bestag diese Forderung ins Zentrum. Ihr Modell: Die Firma sucht für jedes Objekt die drei besten Makler in der Region – anhand von insgesamt 15 Kriterien. Zu denen gehört auch die Frage: Wie viele vergleichbare Häuser oder Wohnungen haben die Vermittler im nahen Umkreis in den letzten Monaten verkauft – und zu welchem Preis?
Anschliessend führt Bestag die Eigentümer mit den Maklern vor Ort zusammen. «Das persönliche Kennenlernen ist entscheidend», sagt Gabriel Diezi. «Und der Verkäufer erhält so eine treffsichere Bewertung des Objekts.» Neben den Brokern steuert auch Bestag selber zwei hedonische Bewertungen bei, eine spezielle Preisbestimmung.
Zu hoch bewertete Objekte
Hat sich der Eigentümer für einen Makler entschieden, kümmert sich Bestag um den Vertrag. «Diese Verträge sind typischerweise nicht im Interesse der Verkäufer», sagt Diezi. «Wir drehen den Spiess um.» Und zwar mit einem Bonus-Malus-System: Liegt der erzielte Verkaufspreis unter der Makler-Bewertung, gibt es einen Abzug zwischen zehn und 15 Prozent. Liegt er darüber, wird ein Bonus fällig. «So verhindern wir, dass die Makler das Objekt zu hoch bewerten, um den Auftrag zu erhalten», sagt Diezi. «Und wir geben einen Anreiz, wirklich den besten Preis rauszuholen.»
Bezahlt wird nur im Erfolgsfall. Eine Kostenpauschale nimmt Bestag vorab aus den Verträgen raus. Die Firma finanziert sich nicht über den Kunden, sondern über einen Anteil an der Makler-Provision – je nach Region zwischen 20 und 30 Prozent.
Bloss: Auch das ist kein neues Modell. Grosse Firmen operieren schon lange so! «Aber sie verkaufen in erster Linie Adressen», sagt Diezi. «Dafür kassieren sie bis zu 50 Prozent der Provision.» Das sei auch nicht wirklich Dienst am Kunden – aber typisch für den Schweizer Immo-Markt: «Er ist intransparent und unehrlich. Es hat schon seine Gründe, warum der Ruf der Branche nicht der beste ist.»
Angriff auf die Immo-Makler: Neue Firma vermittelt Häuser zum SpottpreisZweifelhafte Methoden
Dazu tragen auch Firmen bei, die nicht einmal davor zurückschrecken, Todesanzeigen zu durchforsten und verwitwete Eigentümer telefonisch zum Verkauf zu drängen. Es ist ein knallhartes Rennen um Häuser und Wohnungen: Die drei grössten Schweizer Vermittler verkaufen elf Prozent aller Immobilien. Über 10'000 weitere Makler kämpfen um den Rest des lukrativen Immo-Kuchens.
Jetzt aber kommen die Onlineplattformen – und der Streit geht erst richtig los.