Im Visier des Reichs der Mitte
Chinesen kaufen die Welt

«Die Chinesen stehen in den Startlöchern», sagt M&A-Expertin Yi Sun von Ernst & Young. Nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt machen sich die Chinesen breit.
Publiziert: 03.02.2016 um 19:58 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:56 Uhr
Foto: AP
Ulrich Rotzinger

Die Chinesen kommen. Nicht nur in die Schweiz, sondern auch in Europa und sogar der ganzen Welt macht sich das Reich der Mitte breit: «Die Chinesen stehen in den Startlöchern», sagt Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz bei Ernst & Young. 

Grund ist eine Modernisierungswelle, die laut Sun in China ansteht: «Gerade jetzt wird klar, dass die chinesische Volkswirtschaft weiter modernisiert werden muss – Akquisitionen ausländischer Unternehmen stehen dabei ganz oben auf der Agenda.»

Sun sagt, dass sich viele Unternehmen, vor allem jene, die an den Aktienmärkten kotiert sind, auf Übernahmeangebote aus China einstellen müssten.

Eine Auswahl von weltweiten Einkäufen durch Chinesen in jüngster Vergangenheit:

  • Wanda Gruppe: Die Gruppe kaufte im Januar 2016 die Mehrheit am kalifornisches Filmstudio Legendary Entertainment: 3,5 Milliarden Dollar blätterten die Chinesen für den Blockbuster-Produzenten («Jurassic Park», «Batman», «Godzilla») hin. Die Rede ist von «Chinas bislang grösster grenzüberschreitender Übernahme im Kulturbereich». Hinter der Gruppe steht der Milliardär Wang Jianlin, einer der reichsten Chinesen. Seit 2012 im Besitz ist auch die AMC Entertainment, die zweitgrösste Kinokette in den USA. Im August 2015 kaufte Wanda die Marke «Ironman» und die World Triathlon Corporation. Dem Konzern gehören auch ein Fünftel der Anteile am spanischen Fussballclub Atlético Madrid und gut eine Milliarde gab Wanda für den Kauf des Schweizerischen Sportvermarkters Infront in Zug aus.
  • ChemChina: Mit der Übernahme von Syngenta sichert sich der Staatskonzern bislang den grössten Deal Chinas aller Zeiten. Mitte Januar 2016 gab ChemChina den Erwerb einer 12-Prozent-Beteiligung am Genfer Rohstoffhändler Mercuria bekannt. Eine Woche vor dem Einkauf bei Mercuria übernahm ChemChina den deutschen Maschinenbauer Krauss-Maffei. Kostenpunkt: Rund eine Milliarde Franken. Der Deal ist somit der grösste Einkauf der Chinesen in Deutschland. Der italienische Reifenhersteller Pirelli ging 2015 für 9 Milliarden an den ChemChina-Konzern. In Übersee übernahm der Staatskonzern 2015 den US Solarpanel-Hersteller Rec Solar für 650 Millionen Franken.
  • Grosskonzern Cosco: Seit Januar 2016 ist der grösste griechische Hafen Piräus in den Händen des chinesischen Grosskonzerns Cosco. Für 67 Prozent der Anteile blätterten die Chinesen fast 370 Millionen Euro hin. Cosco, im Staatsbesitz der Volksrepublik, will ihn zum grössten Transitzentrum in Südosteuropa und zu einer Brücke für den Export asiatischer Güter nach Europa machen. 
  • HNA Group:  Im Sommer 2015 kaufte der Konzern mit Sitz im chinesischen Haikou den Flugzeugabfertiger Swissport für 2,73 Milliarden Franken. 
  • Alibaba Group: Das Schwergewicht im Online-Handel ist nach eigenen Angaben die grösste IT-Gruppe Chinas. Im Dezember 2015 hatte Alibaba den Kauf der Hongkonger Zeitung South China Morning Post bekanntgeben. Experten der BNP Paribas rechnen damit, dass Alibaba in den nächsten 12 Monaten bis zu 38 Milliarden Dollar in neue Unternehmen stecken könnte.
  • China Investment Corporation (CIC): Der chinesische Staatsfonds verwaltet rund 650 Milliarden Dollar an Anlagen. Er gilt als einer der grössten Staatsfonds der Welt. Zuletzt im Übernahme-Visier: der deutsche Autobahndienstleisters Tank & Rast, der 350 Tankstellen und 390 Raststätten betreibt. Besonders interessiert sind die Chinesen offenbar auch an Firmen, die sich mit dem Thema Industrie 4.0 beschäftigen - der Verbindung von Produktion und digitaler Welt.

In Europa erwarben die Chinesen im vergangenen Jahr 179 Unternehmen. Das sind etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahr und fast doppelt so viel wie noch 2010. Zum Vergleich: 2005 gingen nur 34 Unternehmen in chinesische Hände. Oben auf der Einkaufsliste chinesischer Investoren standen 2015 das zweite Jahr in Folge mit 36 Zukäufen deutsche Unternehmen.

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