«Auch wenn Sie Ihren Namen tanzen können, hier ist Betreten verboten», steht an der Tür zur Dachterrasse im 17. Stock an der Ostermundigenstrasse 93 BE. Es ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Bis 2014 lag hier das Hauptquartier für Forschung und Entwicklung der Swisscom.
Wo einst das erste Handy der Schweiz präsentiert wurde, wird bald gewohnt. Im über 75 Meter hohen Haus entstehen in drei Jahren auf über 10'000 Quadratmetern 90 Mietwohnungen. Büros werden zu Wohnraum.
Das plant die neue Eigentümerfirma Reinvest Capital. Als Eigentümervertreter übernimmt Dierk Harte (65) für die Firma die Planung, segnet Kosten ab, unterschreibt, was zu unterschreiben ist, und reicht Bauanträge ein. Wie am 11. Juli, da waren es endlich alle Unterlagen für die finale Baueingabe.
Mieter können mitgestalten
Die Angst, es könnten nur Luxuswohnungen entstehen, die sich ein Normalverdiener in Bern kaum leisten kann, wischt Harte vom Tisch: «Wir wollen bezahlbaren Wohnraum schaffen und nicht durch Gentrifizierung die Preise in die Höhe treiben.» Wie hoch die Mieten letztendlich sein werden, lässt er aber offen.
Um den Umbau gemäss den Wünschen der potenziellen Mieter zu gestalten, können diese auf der Webpage Hochhaus.be Wohnungsgrösse und Extraleistungen, wie eine hauseigene Kita, Putzdienst oder Veloservice, anwählen.
«Wir wollen zeigen, was wir machen, und den Leuten ermöglichen, die Wohnungen mitzugestalten», sagt Harte. Innerhalb von sechs Wochen hätten sich 400 Interessenten gemeldet. Das Ergebnis: Die 2½-Zimmer- und 5½-Zimmer-Wohnungen seien die beliebtesten. Zudem werde es einen Concierge im Eingangsbereich, eine Kita sowie eine Velo-Reparaturstelle im Keller geben.
Überall muss nach- und aufgerüstet werden
Über die Umbaukosten will Harte nicht sprechen und bleibt ausgesprochen vage. «Mehr als 10 und weniger als 100 Millionen», sagt er. Die Fenster werden erneuert und Leitungen für die geplanten Wohnungen verlegt, die Böden müssen ersetzt werden – überall muss nach- und aufgerüstet werden, und das kostet.
Bis es so weit ist, steht der Büroturm zur Zwischennutzung durch Projekt Interim frei. Im Dezember 2017 zogen die ersten Mieter ein. Bleiben dürfen sie bis zum Juni 2020. Die Auslastung liege aktuell bei 85 Prozent.
Im 9. Stock hat sich Elisabeth Haldemann (74) ein kleines Atelier eingerichtet. Seit ihrer Pensionierung widmet sie sich wieder der Kunst. 314 Franken zahlt sie für den Raum mit Fernblick. «Hier kann ich nachdenken, ausprobieren, neu- und umgestalten. Für mich ist die Zwischennutzung ideal.»
Aus dem 14. Stock vertreibt das Start-up Grünkraft seine selbstproduzierten Hanfprodukte nach ganz Europa. Anfang 2017 gegründet, konnte das junge Unternehmen auch dank der Zwischennutzung wachsen. Für neun Räume zahlt das Start-up 2500 Franken. «Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, hier zu wohnen», sagt Simon Anneler, CEO und Co-Gründer. «Der Ausblick ist cool und die Weitsicht entspannend.»
Jetzt kommt das höchste Rooftop-Restaurant
Neben der Hanfproduktion betreibt das Team eine Eventagentur: Unter dem Namen Kadabra Tower eröffnen sie ab August auf dem Dach das höchste Rooftop-Restaurant im Kanton Bern.
Veranstaltungen sind ein weiteres Nutzungskonzept. Verantwortlich ist Georgina Casparis (37). Als Projektmanagerin von Hochhaus.be kümmert sie sich um Kunstausstellungen, Showcases oder Theateraufführungen im Turm.
Ist der ehemalige Swisscom-Tower erst umgebaut, ist das Betreten der Dachterrasse im 17. Stock hocherwünscht: Neben einem Bistro für die Bewohner soll es ein Fitnessstudio mit kleinem Schwimmbad geben – Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau inklusive.