Im Herbst entlassen, im Frühling wieder angestellt
Bauarbeiter überwintern auf Staatskosten

Diese Unsitte ist teuer für den Staat: Ende Saison werden Angestellte im Bau und Tourismus entlassen und zu Saisonstart wieder eingestellt. Die Pause wird mit Arbeitslosengeldern überbrückt. Bund und Kantone kämpfen seit Jahren gegen diesen Trick – mit ersten Erfolgen.
Publiziert: 30.01.2020 um 23:08 Uhr
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Auf den Baustellen im Wallis fällt die Arbeit in den warmen Monaten an.
Foto: Keystone
Claudia Gnehm

Die Überwinterung von saisonalen Erwerbstätigen auf Staatskosten ist dem Bund schon lange ein Dorn im Auge. Weil es legal ist und Geld spart, lagern Firmen der Bau- und Tourismusbranche vor allem in den Bergkantonen Wallis und Graubünden ihre Angestellten Ende der Saison an die Arbeitslosenkasse aus – um sie die nächste Saison wieder anzuheuern. Entsprechend schnellt etwa auf dem Bau die Arbeitslosenquote im Winter frappant in die Höhe. Saisonal umgekehrt verhält es sich im Tourismussektor.

Wegen dieser Unsitte nimmt sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die kantonalen Arbeitsämter regelmässig zur Brust. Einige Massnahmen, die die Kantone darauf ergriffen, führten tatsächlich zu Verbesserungen. Aber die derzeit tiefen Arbeitslosenzahlen täuschen darüber hinweg, dass die für Arbeitgeber günstige Praxis immer noch angewendet wird.

Arbeitslosengelder schon verweigert

Seit die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren im Berner Oberland Arbeitslosen nach der Saisonarbeit sagen, dass sie unbefristete Stellen auch ausserhalb ihres bisherigen Berufs suchen müssten, hat sich der Andrang bei den RAV im Spätherbst reduziert. Geholfen hat auch, dass die Betroffenen bei der zweiten saisonalen Arbeitslosigkeit Bemühungen für eine Dauerstelle nachweisen müssen. War der Nachweis mangelhaft, wird die Auszahlung von Arbeitslosengeldern verweigert.

Im Kanton Wallis müssen sich saisonale Arbeitslose seit zwei Jahren gleich bei der RAV-Anmeldung in der sogenannten «Zielfestsetzung Saisonalität» dazu verpflichten, Sonderefforts bei der Stellensuche zu leisten. Zudem fördert der Kanton die Erwerbskombination: Bauleute sind dabei im Sommer in ihrem angestammten Beruf tätig, im Winter arbeiten sie dagegen im Tourismussektor.

Tessin und Graubünden helfen sich gegenseitig

«Die saisonale Arbeitslosigkeit ist seither tendenziell zurückgegangen», sagt Christophe Juilland, Sprecher des Walliser Amts für Arbeit. Bei den in erster Linie betroffenen ausländischen Arbeitslosen lag die Arbeitslosenquote letzten Dezember im Wallis bei 8,3 Prozent. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den 14,1 Prozent im Jahr 2015.

Juilland betont, dass die Unternehmen nicht das System ausnutzten, sondern in gewissen Perioden wirklich keine Arbeit anbieten könnten.

In den Kantonen Graubünden und Tessin fördert das Seco seit letztem Jahr ein Sharing-Projekt im Tourismus. Die Idee: Hotelangestellte arbeiten im Winter in Graubünden und im Sommerhalbjahr im Tessin. Sie haben zwei Arbeitsverträge und einen Beschäftigungsgrad, der idealerweise einem Ganzjahresjob entspricht. Ausgewertet wird das Projekt in zwei Jahren.

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