Sein Geschäft macht er mit Entstopfen, Absaugen, mit «Umenoddere» in Kanälen. Doch zum Gespräch erscheint Andreas Marquis (49) in einem Tesla, parfümiert, mit rotem Hemd und gelber Krawatte. Darauf prangt das Logo seiner Firma Marquis Kanalservice: eine lachende, auf einer Saugglocke reitende Ratte. In seiner Firma arbeiten rund hundert Angestellte.
Nun steht Andreas Marquis auf einem Abstellgleis im Bahnhof Altdorf und preist seine Lieblingsmaschine. Der Marquis Futura 3000 W11 ist ein Hochleistungs-Kanalreinigungs-Lastwagen.
Irrer Job im Gotthard-Basistunnel
Auf einem Bahnwagen steht er bereit für die tägliche Fahrt in den Gotthard-Basistunnel. Marquis hat ihn selbst entwickelt, für fast zwei Millionen Franken. Man sei ein grosses Risiko eingegangen, sagt Marquis. Aber es habe sich gelohnt, man habe ihn ergattert, diesen irren Job im Gotthard-Basistunnel.
Der Auftrag: In den zwei 57 Kilometer langen Tunnelröhren über 500 Kilometer Sickerkanäle und Entwässerungsleitungen reinigen – und zwar in nur 250 Arbeitstagen. Die Distanz entspricht der Luftlinie Lugano–Paris. Das Problem: Um diese Strecke in so kurzer Zeit zu reinigen, bräuchte es sechs Lastwagen. Und dafür sechs Lokomotiven mit sechs Waggons, die die LKW an unterschiedlichen Stellen im Tunnel absetzen. Ein immenser Aufwand, der den Tunnelbau behindert hätte und viel zu teuer gewesen wäre.
11'000-Liter-Tank
Die Lösung: Andreas Marquis versprach, er schaffe das mit einem einzigen Fahrzeug. Sein Marquis Futura hat einen 11'000-Liter-Tank, zwei Saugrüssel, um die Leitungen zu reinigen und ein Düsenpropeller, um das Tunnelgewölbe abzuspritzen.
«Am Anfang dachten wir, es sei unmöglich, das zu schaffen», sagt Marquis, aber er sage sich immer: «Geht nicht, gibts nicht!» Marquis sieht sich als Tüftler und Erfinder. Seine Ideen am Basistunnel umzusetzen, das wäre doch was, dachte er. «Vor allem wollte ich, dass solche Aufträge an eine Schweizer Firma vergeben werden, es sind ja unsere Steuergelder.» Der Gotthard sei der Inbegriff der Schweiz. Dort zu arbeiten, war schon lange ein Traum.
600 Meter pro Tag
Seit 2010 reinigen drei Männer mit der Maschine den Tunnel, 600 Meter pro Tag. Innerhalb eines Jahres müssen sie die gesamte Strecke von 114 Kilometer Röhre schaffen. Doch kaum haben sie das fertiggebracht, beginnen sie wieder von vorne. Denn bei den Bauarbeiten fallen laufend Unmengen an Feinstaub an, die das Abwasser verschmutzen.
Heikel sind die paar Hundert Meter unterhalb von Sedrun GR, bei der sogenannten Piora-Mulde. Sie ist mit einem zuckerförmigen Dolomit und Wasser gefüllt. «Das Wasser ist schneeweiss und extrem kalkhaltig», sagt René Kaufmann (46), der für Marquis den Riesenreiniger bedient. «Dort muss man öfter als einmal pro Jahr reinigen.» Den Grund zeigt er auf seinem Handy: bis zu acht Zentimeter dicke Kalkplatten, die sich im Innern der Leitungen ablagern. Nach ein paar Monaten würden sie die Arterien des Gotthardtunnels verstopfen.
Marquis’ Männer sind jetzt auf den letzten Tunnelmetern. Bis Mitte Mai muss die Röhre sauber sein für die Endabnahme. Während des laufenden Betriebs reinigt eine Konkurrenzfirma den Tunnel. Darüber ist Marquis nicht unglücklich. «Unsere Maschine ist für die nächsten Jahre gut gebucht. Und den Ceneri-Tunnel gibt es ja auch noch.»