Urs-Beat Hauser (63) ist Hotelier aus Leidenschaft. Seit 1986 führt er in der dritten Generation das Hotel Belvedere in Grindelwald BE. 56 Zimmer hat das 4-Sterne-Superior-Haus. Hauser beschäftigt 48 Angestellte, ein Grossteil davon arbeitet Teilzeit.
Die Berichterstattung über Branchen, die nur Tieflöhne bezahlen, hat ihn aufgewühlt. Der Hotelier meldet sich bei BLICK. «Weil die Preise in der Schweiz höher sind als im Ausland, werden wir immer wieder als Abzocker bezeichnet und dafür kritisiert, dass wir zu tiefe Löhne bezahlen», sagt er. Und fügt dann an: «Dabei würde ich gerne jedem Angestellten einen Lohn von 5000 Franken bezahlen.» Bloss: «Dann müssten die Gäste bereit sein, tiefer in die Tasche zu greifen, wenn sie bei uns einkehren.»
«Wer einen Tagesteller für 20 Franken anbietet, legt drauf»
Bei vielen Gastrobetrieben betragen die Lohnkosten bis 50 Prozent des Budgets. «Wir können einfach keinen Roboter zum Gast schicken, im Service braucht es Menschen. Und das ist auch ganz gut so», sagt er. Für Hauser ist klar: «Höhere Löhne in der Gastronomie sind nur möglich, wenn die Preise erhöht werden.»
Konkret: Die Stange oder der Kaffee würden dann zehn Franken kosten. Der Tagesteller nicht mehr 20 Franken, wie heute in vielen Restaurants, sondern 50 Franken. «Wer einen Tagesteller für 20 Franken anbietet, der legt drauf. Und kann natürlich auch keine Spitzenlöhne zahlen», sagt er. Und fügt an: «Die Gäste würden wohl kaum zehn Franken für ein Bier bezahlen.»
3760 Franken für ein Zimmermädchen
5000 Franken brutto im Monat? Die Realität sieht auch im Betrieb von Hauser anders aus – obwohl er Löhne bezahlt, die über den Mindestlöhnen des Gesamtarbeitsvertrags sind. Konkret: Ein Zimmermädchen ohne Erfahrung verdient 3760 Franken brutto. Nach einigen Jahren sind es 4200 Franken.
Eine Serviceangestellte startet im Hotel Belvedere nach der Lehre mit 4500 Franken brutto. Hermindo Sebastian (26) hat als Abwascher angefangen, nach einem Barkurs ist er Barmann und verdient etwas über 4000 Franken. Ähnlich hoch ist das Salär von Mónica Caramelo (34), die als Office-Angestellte arbeitet.
«Mit dem Restaurant schreibe ich rote Zahlen»
Hauser führt ein edles Restaurant in seinem Hotel. «Damit schreibe ich rote Zahlen, ich müsste es eigentlich schliessen», gibt er zu. Doch das gehe nicht, weil die Gäste ein Restaurant von ihm erwarten und sonst zur Konkurrenz gehen würden. Selbst wenn grad eine Küchensanierung für eine Million Franken ansteht. «Ohne stilvolles Restaurant verliere ich Logiernächte. Also subventioniere ich das Lokal mit den Zimmerpreisen quer.» Die meisten seiner Kollegen würden dies auch machen.
Die ewigen Vergleiche mit dem Ausland kann Hotelier Hauser nach all den Jahren nicht mehr hören. «In Deutschland sind die Löhne nur halb so hoch wie in der Schweiz. Kein Wunder, können die Wirte dort tiefere Preise auf die Speisekarte schreiben», sagt er.
Hohe Kosten für Handwerker
Jetzt kommt der ansonsten ruhige Hauser so richtig in Fahrt. «Wir bezahlen für einen Handwerker zwischen 85 und 120 Franken pro Stunde, wenn wir ein Zimmer renovieren», sagt er. «Mit einem Budget, mit dem ich zwei Zimmer renovieren kann, baut mein deutscher Kollege aber deren drei oder sogar vier Zimmer um.»
Und er selber, wird er reich als Hotelier? Hauser verneint. Er fügt an: «Ich kenne viele Wirte, bei denen die Mitarbeiter pro Stunde mehr verdienen, als sie selbst.» In der Gastronomie würden die Chefs meistens länger arbeiten als die Angestellten.
«Aber ich will, dass es meinen Angestellten gut geht. So erhalten sie drei Mahlzeiten pro Tag für 20 Franken. Oder auch schon mal ein Gratiszimmer für Freunde oder Familienangehörige», sagt er. Ganz wichtig: «Ohne eine grosse Portion Leidenschaft kann man diesen Job nicht so lange machen wie ich.»