Seit dem 20. Februar steht die Zürcher Staatsanwaltschaft in Sachen Pierin Vincenz vor einem Scherbenhaufen: Das Obergericht hob an diesem Tag das gesamte erstinstanzliche Urteil gegen den früheren Raiffeisen-Chef auf.
Die 356-seitige Anklage weise «schwerwiegende Verfahrensfehler» auf und sei viel zu lang, fand das Obergericht und schickte den Fall zur Überarbeitung an die Staatsanwaltschaft zurück.
Eine Äusserung Seitens der Staatsanwaltschaft ruft nun Parlamentarierinnen und Parlamentarier von EVP, FDP und SVP auf den Plan. Die Staatsanwaltschaft gab nach der Rückweisung bekannt, sie habe diese Anklage von «externen Experten prüfen lassen, um auf Nummer sicher zu gehen». Es sei eine Fachperson «zur Qualitätssicherung» engagiert worden.
Welche Grundlagen für externe Prüfung?
Für die Parlamentarier ist dieses Vorgehen höchst ungewöhnlich, wie aus einer am Mittwoch publizierten Anfrage an den Regierungsrat hervorgeht. Sie wollen von der Regierung wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage die Staatsanwaltschaft die Anklagen «extern prüfen» lässt und wie häufig dies vorkomme.
Für den Fall, dass es keine rechtliche Grundlage für eine externe Qualitätssicherung gibt, wollen sie zudem wissen, was das für die Staatsanwaltschaft nun bedeutet. Die Staatsanwaltschaft will die Rückweisung indes nicht hinnehmen. Sie rekurrierte beim Bundesgericht gegen den Rückweisungsentscheid.
Fall Vincenz
Das Bezirksgericht Zürich hatte Vincenz und vier Geschäftspartner im April 2022 zu teilweise mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Dieses Urteil zogen die Beteiligen vor das Zürcher Obergericht, das sich eigentlich im Juli 2024 mit dem Fall auseinandersetzen wollte. Dieser Prozess wird nun bis auf Weiteres verschoben.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem vor, dass sie sich heimlich an Firmen beteiligt und danach dafür gesorgt hatten, dass diese Unternehmen unter anderem durch die Raiffeisen-Bank aufgekauft wurden. Dabei sollen sie Millionen-Gewinne eingestrichen haben. (SDA)