Hochbetrieb für 1500 Polizisten
Ihrem Blick entgeht hoffentlich nichts

Was nicht alles im Gepäck in die Ferien geschmuggelt wird! Ein als iPhone getarnter Taser ist da noch harmlos. Genau hinschauen, heisst es darum für Polizisten und Sicherheitsleute am Zürcher Flughafen.
Publiziert: 20.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:51 Uhr
Genau hinschauen: die Patrouille der Flughafen-Polizei hat im Sommer besonders viel zu tun.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG
Ulrich Rotzinger

Arbeiten, wo für andere die Ferien beginnen. Das ist für 1500 Polizisten und Sicherheitsangestellte der Kantonspolizei Zürich Alltag. Im Namen der Sicherheit sind sie am Flughafen Zürich im Dauereinsatz – rund um die Uhr, Tag für Tag. «Gerade jetzt in den Sommerferien mit bis zu 100'000 Fluggästen an Spitzentagen, wird der Job zur Belastungsprobe», sagt Fritz Marti (55).

Fritz Marti, Chef der Flughafen-Kontrollabteilung, im Gespräch mit BLICK-Redaktor Ulrich Rotzinger.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

BLICK trifft den Chef der Flughafen-Kontrollabteilung, zu der rund 1000 Sicherheitsbeauftragte gehören, bei der Handgepäckkontrolle. Und fliegt prompt auf: mit Schere, Deospray und einem iPhone-Stativ ähnlich einer Pistole in der Tasche.

Marti lacht und zwinkert mit dem Auge: «Nicht nur Ihnen gehts so. Wenn es statt zur Arbeit in den Urlaub geht, schalten viele auf Ferien-Modus.»

Sturmfeuerzeuge, Wasserpistolen, Parfums

Klassiker sind neben konfiszierten Taschenmessern auch Sturmfeuerzeuge, Parfums, Wasserpistolen und Sonnencrèmes in der Familienpackung, die nicht mit in den Flieger dürfen. Und Flüssigkeiten, die ohne Plastikbeutel wild in der Handtasche rumwirbeln. «Dabei gibt es 1-Liter-Plastikbeutel bei uns gratis, an anderen Flughäfen zahlen Sie 1.50 Euro dafür», sagt Marti.

Gegen 800 Kilogramm Flüssigkeiten landen in der Hochsaison täglich bei der Kontrolle im Kübel. Gegen 10 Tonnen sind es im Jahr, die vernichtet werden müssen, heisst es.

Mit dem Sägeblatt in den Flieger

Bei der Handgepäckkontrolle: In diesen Plexiglas-Container wandern alle scharfen Objekte, welche nicht ins Flugzeug dürfen.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Im Behälter mit gefährlichen Gegenständen finden sich neben Scheren und Messern auch ein Sägeblatt oder eine Steinschleuder. Marti: «Auch Raketen für das 1.-August-Feuerwerk häufen sich derzeit wieder im Feriengepäck der Schweizer.» Feuerwerk dürfe aus Sicherheitsgründen grundsätzlich nicht in den Flieger.

Alle dreissig Minuten heisst es «Augen lüften» für die Sicherheitsleute der Gepäckkontrolle. Dann wird der Platz gewechselt.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Martis Mitarbeiter arbeiten in Fünferteams pro Kontroll-Linie. Alle 30 Minuten heisst es «Augen lüften» und Platz wechseln. «Die Arbeit am Metalldetektor und am Röntgengerät verlangt eine extreme Konzentrationsfähigkeit», sagt Marti. Vor allem zu Peak-Zeiten vor 6 Uhr oder zwischen 9 und 11 Uhr vormittags.

Darum piepst der Metalldetektor

Bevor der Rundgang mit einer Flughafen-Patrouille beginnt, lüftet er noch das Geheimnis des ständig piepsenden Metalldetektors, obwohl physisch kein Anlass dafür gegeben ist: «Nach einer bestimmten, vorgegebenen Quote müssen Reisende kontrolliert werden, obwohl der eigentliche Alarm am Bogen nicht auslösen würde», sagt Marti.

Auf Streife mit den Flughafen-Polizisten D'Onofrio und Aregger. Über den Knopf im Ohr sind sie per Funk mit der Leitstelle verbunden.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Für die Terminal-Patrouille war gestern trotz Hochsaison ein ruhiger Tag. Kein Bombenalarm, dafür ein paar Reisende, die sich nach dem Check-in oder nächstem WC erkundigten.

Etwas beängstigend wirken die Polizisten schon mit ihren Maschinengewehren um den Hals, Schlagstöcken am Gürtel und Funk-Knopf im Ohr. «Ohne Maschinen-Gewehre geht es nicht, die braucht es für den Ernstfall», heisst es. Die Bewaffnung der Frauen und Männer in blau kommt glücklicherweise selten zum Einsatz.

Vermisste Kinder, herrenloses Gepäck

Einsatzzentrale der Flughafen-Polizei: hier gehen sämtliche Meldungen und Alarme ein.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

Dann wird die Patrouille abbeordert. Der Befehl kommt von der Einsatzzentrale, dem Nervensystem der Flughafenpolizei. Hier laufen alle Drähte zusammen – Tag und Nacht, sagt Philippe Chassot (49), Dienstchef Einsatzunterstützung im Gespräch in der Einsatzzentrale.

Laut Chassot gehen gerade zur Ferienzeit mehrmals am Tag Anrufe wegen vermisster Kinder oder herrenlosem Gepäck ein. «Am reiseintensiven Mittwoch gehen die meisten Anrufe ein. Die meisten Notrufe verzeichnen wir Freitags», sagt Chassot. Im letzten Jahr zählte die Einsatzzentrale 66413 Anrufe, die zu über 11000 Fällen führten.

Flughafen ist grösste Schengen-Aussengrenze

Einige davon fallen in den Verantwortungsbereich von David Squindo (47). Der stellvertretende Chef Flughafen-Spezialabteilung ist für Grenzkontrollen, Personen-Rückführung und Bekämpfung der Kriminalität verantwortlich. Mit jährlich rund 10 Millionen Personenkontrollen ist der Flughafen Zürich die grösste Schengen-Aussengrenze der Schweiz, weiss Squindo.

Auf seinem Schreibtisch breitet er einen Sack voll Waffen aus. «Das allein sind Sicherstellungen der letzten Woche», sagt Squindo. Darunter auch ein als iPhone getarnter Elektroschocker und diverse Tränengassprays.

Da kommt einiges zusammen: Pro Jahr konfisziert die Flughafenpolizei nach eigenen Angaben über 55000 gefährliche Gegenstände. Mehr als 200 Kilogramm Drogen haben Zoll und Polizei allein im zweiten Quartal 2016 am Flughafen konfisziert. Im zweiten Quartal des Vorjahres flogen nur 24 Kilogramm Drogen auf.

David Squindo, Stv.-Offizier Flughafen-Spezialabteilung, spricht über die «endlose Phantasie» der Drogenkuriere.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG

«Endlos» sei die Phantasie der Drogenkuriere. «Wir treffen auf alles: Kokain-geladene Surfbretter und Golfschläger, Kokain in ausgehölten Baumnüssen oder getarnt als Kaffeebohnen», sagt Squindo. Im Sommer seien die Aufgriffe aber weniger zahlreich. Nicht, weil zu lasch kontrolliert werde, sondern weil die Flugtickets den Drogenkurieren im Sommer zu teuer seien.

Weiss Squindo von Personen, die am Flughafen Zürich festsitzen und nicht mehr dort wegkommen? «Reisende wie im Film ‹Terminal› mit Tom Hanks gibt es in Zürich nicht», sagt Squindo. Dafür Leute aus Drittstaaten, die tatsächlich bis zu 60 Tage im Transitbereich leben. «Beispielsweise, wenn der Pass gefälscht worden ist und eine Chartermaschine zurück erst in ein paar Wochen geht», sagt Squindo, der seit einem viertel Jahrhundert am Flughafen arbeitet, wo für andere die Ferien beginnen.

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