Hightech im Walliser Hochtal
Die Knochensäger aus dem Goms

Mitten in den Walliser Alpen hat sich in den letzten Jahren ein Unternehmen für Medizinaltechnik etabliert. Dank Spitzentechnologie wurde es zum wichtigsten Arbeitgeber in der Region – obwohl dort Spezialisten fehlen.
Publiziert: 30.07.2016 um 10:42 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:50 Uhr
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Bruno Erzinger zeigt stolz seine Sägeblätter.
Foto: Thomas Andenmatten
Bastian Heiniger

Ihr Sägeblatt zerschneidet Knochen so fein und präzis wie kein anderes. Bereits in 13 Ländern setzen Chirurgen auf die in Diamantform geschliffenen Schneidezähne aus dem Goms. «Keiner kann sie so herstellen wie wir», sagt Bruno Erzinger (60), Chef der Gomina AG. In 40 Schweizer Spitälern sind die komplett in Niederwald VS produzierten Sägeblätter und Raspeln für die Knochenchirurgie im Einsatz.

Hier auf 1300 Metern über Meer, eingeklemmt zwischen hochschiessenden Bergen, hat sich in den letzten zehn Jahren eine moderne Produktion für Medizinaltechnik entwickelt. Hightech in den Alpen. Und das in einer von der Abwanderung geplagten Region, wo sonst vor allem der Tourismus Geld in die Kassen spült.Mit 31 Mitarbeitern ist die Gomina AG heute der grösste Ganzjahresarbeitgeber im Goms. 90 Prozent stammen aus der Region. Deshalb ist die Gomina AG neben fünf anderen Teilnehmern für den Prix Montagne 2016 nominiert. Dieser zeichnet Firmen und Organisationen aus, die seit mindestens drei Jahren in Berggebieten für wirtschaftliche Entwicklung sorgen. Erzinger weiss, was er mit den 40’000 Franken Preisgeld machen würde: «Wir würden damit Mitarbeiter weiterbilden oder eine neue Stelle schaffen.»

Hier oben finde man kaum Spezialisten, sagt Erzinger. Aber loyale Mitarbeiter. «Wir haben schon Bäcker, Zimmerleute, Förster oder Lokführer umgeschult.» Momentan bildet er vier Lehrlinge aus. Im Juli ist sein Sohn fest ins Unternehmen eingestiegen.Die Auftragsbücher sind voll, die Maschinen laufen sogar am Samstag – trotz starkem Franken. Schon als die Schweizer Nationalbank (SNB) 2011 den Mindestkurs zum Euro einführte, setzte Gomina auf eine Euro-Franken-Parität. «Was wir darüber hinaus eingenommen haben, investierten wir ins Unternehmen.»

Gute Zukunftsaussichten

Die Aufhebung des Mindestkurses im Januar 2015 schockte das Wallisser Unternehmen deshalb nicht, im Gegenteil: Der Umsatz sei in den letzten Jahren stets gestiegen, sagt Erzinger. «Auch für die Zukunft sieht es gut aus.»

Das war nicht immer so. Um die Jahrtausendwende drohte dem Unternehmen das Aus. Gomina produzierte damals als Zulieferer Sägeblätter für Grosskonzerne wie Bosch und Scintilla. Dann brachen schlagartig Aufträge weg, Mitarbeiter mussten entlassen werden.«Wir realisierten, dass wir längerfristig an diesem Standort mit Massenware keine Chance haben. Also mussten wir uns spezialisieren», sagt Erzinger. Und: Er wollte nicht mehr abhängig sein von Dritten. Ein eigenes Produkt musste her. Ein Nischenprodukt.

Es begannen Jahre des Tüftelns und Entwickelns. Im Markt erkämpfte sich die Gomina AG nach und nach eine Nische: mit hoch komplexen Sägeblättern. Im untersten Stock des dreistöckigen Gebäudes mit der Glasfassade werden aus den angelieferten Stahlplatten die Sägeblätter erzeugt. Im obersten Stock werden sie gereinigt und abgepackt. In der mittleren Etage stehen 400 Quadratmeter leer. «Raum für unsere zukünftigen Projekte», sagt Erzinger. Verraten könne er noch nichts, aber die Idee habe er schon im Kopf. In Niederwald dürften bald wohl noch mehr Arbeitsplätze entstehen.

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