Sein englischer Akzent klingt so deutsch wie stets, seine Analysen sind scharf wie immer. Väterlich andächtig wird Gründer Klaus Schwab (76) heute Abend in Davos das 45. Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) eröffnen.
Regelrecht greifbar ist in der Alpenstadt bis Sonntag der Puls der Welt. «Wie ist die Stimmung?», lautet wie jedes Jahr die häufigste Frage. Gegen Ende Woche kristallisiert sich jeweils ein Konsens. Vor einem Jahr kam zaghaft Optimismus auf, schienen Finanz- und Eurokrise verflogen.
Und heuer? Kehrt die Unsicherheit zurück. Das Ende des Euro-Franken-Mindestkurses ist ein zentrales Thema. Am Donnerstag sagt die Europäische Zentralbank, mit wie vielen Euro sie den Markt flutet. Es dürfte das Party-Gespräch in Davos werden. Mittendrin: die wichtigsten Notenbanker.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (60) reist an, ebenso Frankreichs Präsident François Hollande (60). Beide dürften mit US-Aussenminister John Kerry (71) und vielen der 40 Staatschefs über Sicherheit nach dem Terror in Paris reden.
Um die Krise in der Ukraine geht es am WEF, den anhaltenden Bürgerkrieg in Syrien, den Disput zwischen Japan und China im südchinesischen Meer. Was die Frage aufwirft: Sind regionale Konflikte ein Beleg für das Ende einer globalisierten Welt?
Einmal mehr wird Microsoft-Gründer Bill Gates (59) erklären, wie er Epidemien in Asien und Afrika ausmerzen möchte.
Insgesamt nehmen 2500 Personen aus rund 140 Ländern teil, darunter fast alle Bundesräte. Manager und Politiker reisen an, Denker, Künstlerinnen und Wissenschaftler. Sie diskutieren, machen dick Geschäfte, feiern laut Feste. So entsteht ein Flickwerk aus Gedanken, das zu einem Ganzen zusammenwächst, zum «Geist von Davos», wie Schwab gerne sagt.
Das hehre Ziel: die Welt besser zu machen. «Die grössten Risiken und Gefahren gehen von der Ungleichheit aus», sagt der einstige deutsche Vizekanzler Philipp Rösler (41), der fürs WEF arbeitet. «Wichtig ist daher weltweites Wachstum, an dem möglichst alle teilhaben können.» Es ist die zentrale Frage in Davos: Wie kann die Wirtschaft wachsen und nicht nur Aktiengewinne produzieren – sondern Stellen?