Helvetic-CEO Tobias Pogorevc über lukrative Spezialaufträge und seinen Chef Martin Ebner
«Sie können uns auch für Ihre Hochzeit chartern»

Tobias Pogorevc spricht im BLICK-Interview über die Zusammenarbeit mit Martin Ebner, neue Flugzeuge und warum er als Helvetic-Chef selber gar nicht fliegen kann.
Publiziert: 19.03.2018 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 17:25 Uhr
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Tobias Pogorevc vor einem Teil der Helvetic-Flotte am Flughafen in Kloten.
Foto: THOMAS LUETHI
Patrik Berger

Tobias Pogorevc (47) ist seit wenigen Tagen CEO von Helvetic Airways. Der langjährige Finanzchef der Ebner-Airline empfängt BLICK am Hauptsitz in Kloten ZH. Neue Visitenkarten hat er noch keine drucken  lassen. «Erst brauche ich die alten auf», sagt er und lacht. Später auf dem Rollfeld des Flughafens gratulieren ihm Piloten, Crewmitglieder und Bodenpersonal. Schnell wird klar, dass da ein Mann an der Spitze von Helvetic steht, der die Bodenhaftung nicht verliert.

BLICK: Herr Pogorevc, wenn der Finanzchef zum CEO aufsteigt, dann zittern die Angestellten davor, dass er den Rotstift zückt.
Tobias
Pogorevc: (lacht) Nein, sie müssen nicht zittern. Seit 2008 arbeiten wir in der Geschäftsleitung eng zusammen: Strategische Fragen wie solche zur Flotte oder zu Expansionen haben wir immer schon unter dem Aspekt der Finanzen beurteilt.

Kleine Airlines wie Sky Work können die Pleite gerade noch abwenden, andere fliegen nahe an der Verlustzone. Darwin hat aufgegeben. Helvetic hält sich gut. Wie machen Sie das?
Wir sind wohl einfach etwas vorsichtiger als die anderen. Jeder Flug muss schon auf dem Papier rentieren, sonst machen wir ihn nicht.

Gibt es nicht einfach zu viele Airlines?
Ganz klar. Air Berlin war erst der Anfang, auch Alitalia hat grosse Probleme. Es weht ein rauer Wind in der Branche. Umso wichtiger ist, dass man sich Nischen sucht. Nur so kann man überleben.

Wäre jetzt nicht der ideale Zeitpunkt, um zu wachsen?
Nein, das wollen wir nicht. Wenn man zu viel Schub gibt, fliegt man sehr schnell von der Piste.

Helvetic Airways

2003 wurde Helvetic Airways gegründet. Im März 2006 übernahm Martin Ebner (72) die finanziell angeschlagene Airline. Der Milliardär baute die Geschäftsleitung radikal um und investierte mehrere 100 Millionen Franken. Helvetic Airways geschäftete in den vergangenen zehn Jahren sehr erfolgreich, Umsatz- und Gewinnzahlen gibt die Firma aber keine bekannt. 2017 transportierte Helvetic zwei Millionen Passagiere und führte 24'000 Flüge durch. 450 Angestellte arbeiten für die Airline. Helvetic hat eine Flotte von zwölf Flugzeugen: sieben Embraer 190 und fünf Fokker 100. 

Investor Martin Ebner hat die Helvetic Airways gerettet.
Investor Martin Ebner hat die Helvetic Airways gerettet.
TOINI LINDROOS

2003 wurde Helvetic Airways gegründet. Im März 2006 übernahm Martin Ebner (72) die finanziell angeschlagene Airline. Der Milliardär baute die Geschäftsleitung radikal um und investierte mehrere 100 Millionen Franken. Helvetic Airways geschäftete in den vergangenen zehn Jahren sehr erfolgreich, Umsatz- und Gewinnzahlen gibt die Firma aber keine bekannt. 2017 transportierte Helvetic zwei Millionen Passagiere und führte 24'000 Flüge durch. 450 Angestellte arbeiten für die Airline. Helvetic hat eine Flotte von zwölf Flugzeugen: sieben Embraer 190 und fünf Fokker 100. 

Inwiefern haben Sie von der Pleite von Air Berlin profitiert?
Sie hatte keinen grossen Einfluss auf unser Geschäft. Wir haben gehofft, ein paar Slots mehr zu bekommen, das hat aber nicht geklappt. Viele Piloten und Crewmitglieder von Air Berlin haben sich bei uns beworben. Gute Leute sind Mangelware. Wir hätten gerne noch einige mehr verpflichtet.

Wo wollen Sie hin mit Helvetic?
Wir halten an unserer Strategie fest. Sie beruht auf den drei Säulen: Charterflüge, Linienflüge und Wet-Lease (Vermietung von Flugzeugen samt Crew, Anm. d. Red.).

Vier Ihrer Embraer-Flugzeuge haben Sie der Swiss verleast, samt Crew. Bei der Swiss ist man mit Ihnen sehr zufrieden. Swiss-Chef Thomas Klühr hat Sie vor den Medien gelobt. Aber der Vertrag läuft bald aus. Kommt Helvetic dann ins Trudeln?
Dass die Swiss uns lobt, macht uns sehr stolz. Für vier Embraer haben wir einen langfristigen Vertrag. Wir arbeiten aber auch mit anderen Kunden zusammen. So fliegen wir im Sommer mit zwei Maschinen für die Lufthansa.

Wie läuft das Chartergeschäft?
Auch da sind wir auf gutem Wege. Wir fliegen im Sommer ab Bern, Zürich und Sitten. Ab Sitten fliegen wir Palma an und arbeiten mit dem lokalen Reiseanbieter Buchard zusammen, der uns ein gewisses Kontingent an Plätzen abkauft. Der Bedarf ab Sitten ist gross. Und bei Flügen nach Palma können Sie nichts falsch machen.

Im Winter sind Sie von London aus nach Sitten geflogen. Ihr Fazit?
Wir haben im Auftrag der Swiss in den letzten beiden Wintern Flüge ab Sitten durchgeführt. Das würden wir gerne ausbauen.

Eigentlich sind aber die Holländer dafür verantwortlich, dass Sie Sitten anfliegen.
Ja, der PSV Eindhoven hat uns vor Jahren angefragt, ob wir das Fussballteam transportieren könnten. Das war die Initialzündung. Nun fliegen wir Sion als einzige Airline mit einer 112-plätzigen Embraer an.

Und Sie sind in Sachen Spezialaufträge auf den Geschmack gekommen.
Ja, in diesem Bereich spielen wir in der Champions League, weil wir flexibel reagieren können. Wir haben die Schweizer Fussballnati ab Bern zu ihrem Spiel auf die Färöer-Inseln geflogen, fliegen Sportklubs aus der Schweiz und der Bundesliga und zum Teil ganze Firmen etwa nach Russland. Sie können uns auch für eine Hochzeit chartern.

Bestimmt ein teurer Spass!
Nein, der Transport einer 90-köpfigen Hochzeitsgesellschaft nach Spanien kostet ab 40’000 Franken – Extrawünsche inklusive. Wenn alle individuell buchen würden, wäre es teurer.

Sie setzen auf Destinationen, die sonst niemand anfliegt. Gibts da Neuigkeiten?
Wir sind permanent auf der Suche nach neuen Zielen. Im Sommer haben wir Rostock und Calvi wieder in den Flugplan aufgenommen.

Das ist der neue CEO

Tobias Pogorevc (47) wird per 1. April CEO von Helvetic Airways. Er war seit Herbst 2007 CFO von Helvetic und der Flugschule Horizon Swiss Flight Academy. Bei beiden Firmen verantwortete er neben den Finanzen auch die Bereiche Kommerz und Kommunikation. Pogorevc studierte Betriebsökonomie an der Universität St. Gallen. Er ist auch diplomierter Wirtschaftsprüfer. Der Vater zweier Kinder ist in Sarnen aufgewachsen. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit Skifahren und Biken.

Tobias Pogorevc, per 1. April CEO von Helvetic Airways.
Tobias Pogorevc, per 1. April CEO von Helvetic Airways.
THOMAS LUETHI

Tobias Pogorevc (47) wird per 1. April CEO von Helvetic Airways. Er war seit Herbst 2007 CFO von Helvetic und der Flugschule Horizon Swiss Flight Academy. Bei beiden Firmen verantwortete er neben den Finanzen auch die Bereiche Kommerz und Kommunikation. Pogorevc studierte Betriebsökonomie an der Universität St. Gallen. Er ist auch diplomierter Wirtschaftsprüfer. Der Vater zweier Kinder ist in Sarnen aufgewachsen. Seine Freizeit verbringt er am liebsten mit Skifahren und Biken.

Sie stehen als Nichtpilot an der Spitze einer Airline. Das erstaunt.
Ich bin viel geflogen und bringe die Kundenperspektive ein. Viele Ideen kommen bei uns aus der Crew. Da ist es nicht entscheidend, ob der Chef fliegen kann. Ich habe aber schon einen Trolley durch den Gang geschoben und die Passagiere bedient (lacht).

Hat es Sie nie gereizt, selbst den Steuerknüppel in die Hand zu nehmen?
Doch. Ich gehöre zur «Top Gun»-Generation, Fliegen war ein Bubentraum! Nach dem Kinobesuch hab ich mich sofort zur fliegerischen Vorschulung angemeldet. Die Aufnahmeprüfung bestand ich aber nicht. 

Wie ist die Zusammenarbeit mit Martin Ebner?
Einmal im Monat haben wir eine Sitzung in seiner Bank oder bei uns in Kloten. Wir diskutieren die Zahlen und operationelle Fragen. Danach gehen wir alle zusammen fein essen. Wir haben bei Helvetic flache Hierarchien. Wenn man ein Anliegen hat, kann man es direkt bei ihm deponieren. Wir telefonieren oft miteinander. Martin Ebner ist mit seiner Frau Rosmarie bei allen Mitarbeiteranlässen dabei.

Mischt er sich ins Tagesgeschäft ein?
Überhaupt nicht, er lässt uns freie Hand.

Ihre Fokker 100 sind veraltet. Wie lange fliegen sie noch?
In den nächsten 18 bis 24 Monaten werden sie ersetzt. Wir sind schon länger auf der Suche nach einem Nachfolger mit 70 bis 140 Plätzen. Embraer und Bombardier stehen in der Pole-Position. Es würde es vereinfachen, wenn die ganze Flotte aus dem gleichen Typ bestehen würde.

Jetzt werden Sie melancholisch.
Ja, die Fokker ist mir über all die Jahre ans Herz gewachsen. Sie ist zwar 24 Jahre alt, aber top gewartet. Ein Flugzeug alter Schule, das wir mit modernster Technologie ausgerüstet haben.

Mit modernen Flugzeugen, die sparsamer fliegen, könnten Sie viel Geld sparen. Lohnt sich der Betrieb der Fokker überhaupt noch?
Da haben Sie recht. Die Fokker 100 kann, was die Kosten angeht, nicht mehr mit neuen Flugzeugen mithalten.

Wollen Sie die Flotte gar ausbauen?
Nein. Zwölf Stück sind eine gute Grösse. Wir wollen kein Wachstum um jeden Preis.

Sie haben 450 Angestellte, aber gerade beim Kabinenpersonal eine hohe Fluktuation. Sind Sie als Arbeitgeber nicht attraktiv genug?
Nein, im Gegenteil. Wir bieten attraktive Teilzeitmodelle an. Zum Beispiel einen Fly+Study-Vertrag: Nach einer sechsmonatigen Ausbildung und Flugerfahrung können Studenten bei uns in ein Teilzeitmodell wechseln. Sie haben ein regelmässiges Einkommen, arbeiten in der vorlesungsfreien Zeit 100 Prozent, können ihr Pensum aber reduzieren, wenn sie Prüfungen oder Vorlesungen haben. Beliebt sind auch Teilzeitmodelle für Wiedereinsteigerinnen.

Sie haben einen Finanzhintergrund. Was fasziniert Sie an der Fliegerei?
Vor allem das Teamwork. Die Besatzungen werden immer wieder neu zusammengestellt. Und es funktioniert. Die einzelnen Crewmitglieder motivieren sich gegenseitig. Diesen Spirit wollen wir trotz dem Wechsel im Management behalten oder gar noch verbessern.

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