Der Ofen ist aus. Die Bäckerei Hess in Kaltbrunn SG erhitzt nur noch die Gemüter der ehemaligen Mitarbeiter. Das Unternehmen ist pleite. Inhaber Patrick Hess (35) hat das Personal auf die Strasse gestellt. Er schuldet den ehemaligen Angestellten mehrere Tausend Franken Lohn.
Erst letztes Jahr hatte Hess die Bäckerei vom alteingesessenen Leo von Aarburg samt Inventar und 24 Angestellten übernommen. Zum Unternehmen gehören eine Backstube mit Filialen in Kaltbrunn SG, Eschenbach SG, Rüti ZH, und Mitlödi GL.
Backen kann der preisgekrönte Hess. Er erhielt an der Swiss Bakery Trophy für seine Zürcher Oberländer Nusstorte die Goldmedaille. Als Unternehmer schaffte er es bisher aber nicht aufs Podest.
Kündigung in der Backstube
«Anfang Februar haben wir noch am gemeinsamen Weihnachtsessen angestossen», erzählt Nada Dragicevic (53), die seit 20 Jahren im Betrieb war. Eine Woche später habe Hess zu einer Versammlung in die Backstube gerufen und gesagt, es sei jetzt Schluss. «Er legte uns sofort die Kündigungen zur Unterschrift auf den Tisch. Wir sind aus allen Wolken gefallen», sagt sie zu BLICK.
Ab März sahen Dragicevic und ihre Kollegen keinen Rappen Lohn mehr. «Hess schuldet uns zudem den 13. Monatslohn des letzten Jahres und das Geld für geleistete Überzeit», sagt sie.
Janko Martic (65) trifft die Kündigung ein paar Monate vor seiner Pension. «Als ich von einer Lieferung zurück kam, hiess es einfach: Das war's jetzt. Wir schliessen.» Er arbeitete zehn Jahre im Betrieb. Thomas Feusi (23) machte bei Hess' Vorgänger schon die Bäckerlehre. Er hat wie viele andere noch keine neue Stelle. «Wir wollen einfach nur das Geld, das uns zusteht, und in Ruhe weiterleben», sagt er wütend.
Hess gibt den Angestellten die Schuld
Hess bestätigt die Pleite: «Die Backstube und sämtliche Filialen der Hess AG wurden geschlossen.» Die Bilanz sei beim Kreisgericht deponiert.
Zwar habe auch er Fehler bei der Planung gemacht, gibt Hess zu. Die Hauptverantwortung trügen aber die Angestellten: Das Produktionsteam habe seine Ideen nicht umgesetzt und zu viel Ausschuss produziert. «Wenn die Qualität massiv schwankt und man Produkte aus dem Verkauf nehmen muss, steigen die Materialkosten ins Unermessliche», verteidigt er die Kündigungen.
Dass er die Löhne nicht bezahlte, verstehe sich von selbst: «Es ist ja wohl logisch, dass die Löhne noch offen sind, wenn eine Firma überschuldet ist.»
Ein Betreibungsauszug zeigt: Hess steht das Wasser bis zum Hals. Mit rund 250'000 Franken steht seine Firma in der Kreide. Neben den Angestellten haben auch Zulieferer und andere Geschäftspartner Betreibungen eingeleitet. Auf einige Betreibungen legte Hess Rechtsvorschlag ein.
Was Hess heute macht, ist unklar. Letzten Sommer übernahm er eine Bäckerei in Ennenda GL. Er stelle dort selbst Glarner Spezialitäten her, schrieb er damals in einem Regionalblatt. Die Bäckerei ist weiterhin geöffnet, Inhaberin ist aber seit Mai seine Partnerin K. S.* Die Einzelfirma läuft nach wie vor unter dem Namen «Bäckerei Konditorei Hess». Ebenfalls übernommen hat seine Partnerin die Filiale in Mitlödi GL, welche weiterhin geöffnet ist.
*Name der Redaktion bekannt