Die Suche eines Nachfolgers für SBB-CEO Andreas Meyer (58) läuft. Headhunter Werner Raschle (55), Inhaber des Kadervermittlers Consult & Pepper, sagt, worauf es bei der Nachfolgesuche für schwierige Chefposten ankommt.
BLICK: Was machen Sie als Headhunter zuerst, wenn Sie ein Nachfolge-Mandat angenommen haben?
Werner Raschle: Zuerst gehe ich mein eigenes Netzwerk an, recherchiere in unserer Datenbank. Im Fall der SBB dürfte es bei den meisten Headhuntern nur eine beschränkte Zahl von Vorschlägen geben. Wir machen dann in jedem Fall ein Inserat, damit jeder und jede eine Chance hat, sich zu bewerben.
Schätzen Sie, dass sich auf ein SBB-CEO-Inserat angesichts der hohen Anforderungen bei relativ tiefem Lohn überhaupt jemand meldet?
Die Funktion des SBB-CEO ist international einmalig. Es gibt wahrscheinlich eine Handvoll Bahnunternehmen, die so gut funktionieren wie die SBB und ein so spannendes Streckennetz haben. Der Lohn muss in einem öffentlichen Unternehmen sozialverträglich sein und darum ist er auch nicht zu tief. Es werden sich zahlreiche Interessenten ergeben.
Was gehört aus Ihrer Sicht zwingend in das Profil des SBB-CEO?
Die SBB sind ein Technologieunternehmen und haben in den nächsten Jahren sehr viel digitale Transformation vor sich. Dafür ist ein Ingenieur oder Informatik-Hintergrund prädestiniert.
Ein Studium in Betriebswissenschaft reicht nicht?
Betriebswirtschafter findet man einfacher. Aber, wenn der CEO über Zugtüren reden muss, die nicht funktionieren, dann ist er mit einem Technik-Hintergrund viel kompetenter. Hinzu kommt, dass nur zwei SBB-Verwaltungsräte einen technischen Hintergrund haben. Da ist ein Techniker an der operativen Spitze sehr relevant.
Sind gutes Deutsch, Französisch und Englisch ebenfalls Bedingung?
Deutsch auf jeden Fall, weil der CEO Parlamentsvertreter überzeugen können muss und mit der Bevölkerung kommuniziert. Ich halte Englischkenntnisse für zwingend, Französisch nicht. Mit Französisch als Bedingung werden rund 75 Prozent der potenziellen Kandidaten ausgeschlossen. Topleute unter 40 Jahren sind heute nicht mehr fliessend in Französisch.
Was braucht ein Kandidat, damit er die SBB mit neuen Technologien und Bedingungen führen kann, die man heute noch nicht kennt?
Die Person braucht eine hohe Agilität, muss in Varianten denken und kreativ sein. Sie muss mehr auf Pilotprojekte fokussieren, statt in Fünf-Jahres-Plänen zu denken. Und sie darf keine Angst vorm Scheitern haben.
Auch der neue CEO wird unter Dauerkritik stehen. Wer hält das aus?
Es braucht ein riesiges Frustrationspotenzial. Allerdings beisst sich das oft mit der ebenfalls erforderlichen hohen Empathiefähigkeit. Ein Headhunter muss mit dem Verwaltungsrat ausloten, wo Defizite zu akzeptieren sind. Es kann nicht mehr der Anspruch sein, einen Superleader zu finden.
Was ist Ihre Idealbesetzung für den SBB-Chef-Posten?
Mein Wunschkandidat wäre jemand wie Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler. Er wird den Job zwar nicht annehmen. Aber er ist technisch, unternehmerisch und führungsmässig überzeugend.