Die noble Genfer Privatbank und ihr ehemaliger Mitarbeiter werden verdächtigt, eine entscheidende Rolle bei der Verschleierung von Erlösen aus den Aktivitäten des von Gulnara Karimova (52) gegründeten «Office» gespielt zu haben, das von der Bundesanwaltschaft als kriminelle Organisation eingestuft wird. Das teilte die Justizbehörde am Freitag mit.
Zwischen 2005 und 2012 sollen die beiden in der Schweiz Vermögenswerte gewaschen haben, die aus Verbrechen dieser kriminellen Organisation stammten, deren oberste Chefin gemäss der Anklageschrift der Bundesanwaltschaft Gulnara Karimova sein soll.
Gewalt und Einschüchterung
Mindestens von 2001 bis 2013 soll Karimova die kriminelle, hierarchisch strukturierte Organisation «Office» aufgebaut und geleitet haben. Das kriminelle Netzwerk umfasste mehrere Dutzend Personen und etwa hundert Unternehmen. Die Organisation handelte nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft wie ein professionelles Unternehmen. Dabei befolgten die Akteure verbindliche Regeln und eine strikte Aufgabenteilung. Sie griffen zu Gewalt und Einschüchterung.
Karimova und ihre Komplizen bereicherten sich an der Telekommunikationsbranche in Usbekistan, die in den 2000er-Jahren stark wuchs. Unternehmen, die einsteigen wollten, mussten an Unternehmen von «Office» beziehungsweise an Karimova Schmiergelder zahlen.
Karimova nutzte dabei ihren Status als Tochter des damaligen Präsidenten Islam Karimov und als usbekische Amtsträgerin. Sie verfügte über einen unbeschränkten Einfluss auf die Beamten des Landes. Über komplexe Organisationen wurden gemäss der Anklage die Korruptionsgelder verteilt und landeten durch Überweisung auf «Office»-Konten insbesondere in der Schweiz. Der beschuldigte Mitarbeiter soll gewusst haben, dass die auf neun Bankverbindungen überwiesenen Gelder aus kriminellen Aktivitäten von «Office», insbesondere aus Korruptionshandlungen im usbekischen Telekommunikationssektor, stammten.
Gelder in der Schweiz gewaschen
Mit seinen Handlungen soll dieser Mitarbeiter die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung und die Einziehung von Vermögenswerten, von denen er wusste, dass sie aus Straftaten stammten, vereitelt und sich somit der schweren Geldwäscherei schuldig gemacht haben. Die Ermittlungen erhärten den Verdacht, dass ein Teil der in der Schweiz gewaschenen Gelder über Bankbeziehungen bei der Banque Lombard Odier & Cie SA in Genf transferiert wurden, wie es weiter heisst.
Der beschuldigte Mitarbeiter soll insbesondere aufgrund seiner Funktion als Mitglied des Investitionskomitees eines Fonds von Gulnara Karimova diese und mehrere Mitglieder von «Office» bereits vor seiner Anstellung bei Lombard Odier gekannt haben. Nach seinem Eintritt in die Bank im Jahr 2008 soll er aktiven Kontakt zu Mitgliedern von «Office» gehalten und einigen von ihnen eine Zusammenarbeit angeboten haben.
Gelder aus Verbrechen entgegengenommen
Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, in seiner Eigenschaft als Vermögensverwalter zwischen August 2008 und August 2012 bei Lombard Odier neun Bankbeziehungen von «Office», die dazu bestimmt waren, Gelder aus Verbrechen dieser kriminellen Organisation entgegenzunehmen, eröffnet oder dies in Auftrag gegeben zu haben. Er soll diese Bankbeziehungen verwaltet und innerhalb der Bank nicht gemeldet haben, dass für diese Konten falsche wirtschaftlich Berechtigte benannt worden seien, obwohl er gewusst haben soll, dass die wahre und einzige wirtschaftlich Berechtigte an den Geldern Gulnara Karimova war.
Mindestens von 2008 bis 2012 hat zudem das Programm zur Geldwäschereibekämpfung von Lombard Odier gemäss Anklage zahlreiche Mängel aufgewiesen, sodass die wiederholten und anhaltenden Geldwäschereihandlungen, die der für die neun Bankbeziehungen von «Office» verantwortliche Mitarbeiter begangen haben soll, weder verhindert noch aufgedeckt werden konnten.
In diesem Zusammenhang soll die Bank nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen haben, um die Begehung von schweren Geldwäschereihandlungen innerhalb der Bank zu verhindern. Sie wird deshalb wegen schwerer Geldwäscherei und in Verbindung mit strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Unternehmens angeklagt. Bis zum rechtskräftigen Urteil gilt die Unschuldsvermutung.