Dank dem 4:0 gegen Bulgarien am Montagabend in Luzern ist es fix: Die Schweizer Nati reist an die WM 2022 in Katar! Ob so viele Fans wie sonst zum Fussballfest mitreisen, ist aber mehr als fraglich. Dabei müsste die Planung bald losgehen: Die WM startet am 21. November 2022, also in ziemlich genau einem Jahr.
Faltin Travel mit Sitz in Regensdorf ZH ist der grösste Spezialist für Sportreisen im Land. Das Unternehmen bringt regelmässig Hunderte Fussballfans an die WM, etwa in Brasilien oder Russland. Faltin Travel hat aber auch Reisen zu Tennis Grand Slams oder Formel-1-Rennen im Angebot. Für die Fussball-WM 2022 in Katar winkt Inhaber und Geschäftsführer Stefan Faltin (45) auf Anfrage von Blick aber ab. «Die Menschenrechtsverletzungen, die dort vonstattengehen, die Zahl der Menschen, die für den Bau der Stadien ihr Leben gelassen haben – wir haben einfach kein gutes Gefühl bei der Sache.»
Kunden vor den Kopf gestossen
Will heissen: Faltin Travel bietet keine Reisepackages bestehend aus Matchtickets, Flug, Hotel und Co. an. Der Entscheid sei ihm nicht leicht gefallen, betont Faltin. Und das nicht nur, weil ihm mit dem Verzicht auf die WM ein lukratives Geschäftsfeld entgeht. «Mir tut es weh, Kunden vor den Kopf stossen zu müssen.»
Die Nachfrage wäre da. Faltin erhält bereits seit Monaten Anfragen interessierter Kunden. Aber auch Hassbotschaften von Leuten, die ihm schreiben «Wie könnt ihr nur?!». Denn ursprünglich hatte Faltin auf seiner Webseite angekündigt, Reisen zur WM 2022 ins Sortiment aufzunehmen. Die vielen negativen Reaktionen liessen ihn umdenken.
Dass Katar zum grossen Fussballfest wird, glaubt er denn auch nicht. «Es geht ja nicht nur um den schlechten Ruf Katars, sondern auch darum, dass die WM im Winter stattfindet. Das stösst vielen Fussballfans sauer auf.»
Zu wenig Hotelbetten
Victor Tinari (45) erhält dennoch bereits erste Anfragen für Katar-Reisen. Er ist Geschäftsleiter des Sportreiseanbieters Travelclub mit Sitz in Zürich. «Das Problem sind die Hotelbettkapazitäten», erklärt Tinari. Vier der acht WM-Stadien liegen in Katars Hauptstadt Doha. Die übrigen vier sind weniger als eine Fahrstunde entfernt.
«Aus Sicht der Fans ist das sehr attraktiv, man kann nicht nur Spiele der Schweizer Nati besuchen, sondern auch solche von anderen Nationalmannschaften – und braucht nicht mal einen Transfer», sagt Tinari. Weil aber auch sämtliche Mannschaften, Fussballfunktionäre und Sponsoren eine Unterkunft in Doha brauchen, wird es eng in der Stadt.
Dubai statt Doha
«Es gibt Überlegungen, die Fans stattdessen in Abu Dhabi oder Dubai unterzubringen und zu den Spielen zu shuttlen», verrät Tinari. Abu Dhabi und Dubai liegen in den benachbarten Vereinigten Arabischen Emiraten. Distanz nach Doha: 500 bis 700 Kilometer. «Shuttlen» heisst hier also nicht Bus fahren, sondern fliegen.
Keine einfache Ausgangslage für Tinari. Bei Travelclub stehen die WM-Reisepakete denn auch noch nicht zum Verkauf. Wer auf Nummer sicher gehen und bereits heute individuell ein Hotel buchen möchte, wird ebenfalls enttäuscht. Viele Hotels verlangen eine Mindestaufenthaltszeit von einem Monat.
«Man muss jetzt einfach zuwarten und schauen, wie sich das entwickelt», empfiehlt Tinari. Die Einsätze der Schweizer Nati werden sowieso erst im April ausgelost.