Gestern machte der sonst so verschwiegene Grossinvestor Viktor Vekselberg gleich zwei Mal Schlagzeilen. Ab Mitte Dezember wird der 58-Jährige über zwei Drittel der «Sulzer»-Aktien halten – und damit die Geschicke des Industriekonzerns bestimmen. Ausserdem verkündete die Industriegruppe «OC Oerlikon», bei der Vekselberg seit 2008 mitmischt, dass sie in diesem Jahr einen Verlust von 400 Millionen Franken einfahren werde.
Kein glückliches Händchen bei Schweizer Beteiligungen
Dass Vekselberg kein glückliches Händchen bei seinen Schweizer Firmen zu haben scheint, zeigt auch seine Beteiligung an der Immobilienfirma «Züblin»: Seit seinem Einstieg vor elf Jahren verloren die Aktien 94 Prozent an Wert. Laut dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» fiel das Vermögen des Grossinvestors gegenüber 2014 um drei auf heute etwa acht bis neun Milliarden – und er selbst aus den Top Ten der Reichsten in der Schweiz, wo er seit elf Jahren lebt.
Hat sich der promovierte Mathematiker bei seinen Investments verrechnet? Er, der so penibel auf sein Geld schaut, dass er seinen Wohnsitz von nach Zug verlegte, nachdem Zürich die Pauschalbesteuerung für Reiche gekippt hatte? Er, der 2013 mit drei anderen Oligarchen aus der Ukraine den 28-Milliarden-Deal mit dem russischen Ölkonzern «Rosneft» quasi mit links abschloss?
Hat er den Überblick über sein Imperium verloren, das von Flughäfen bis zum Stahlkonzern reicht und das er von der Schweiz aus lenkt? Dieser Eindruck entstand, als Vekselberg Anfang November am Arbeitsgericht Zürich als Zeuge befragt wurde. Der «Tages-Anzeiger» war mit dabei, als Veskelberg dem Richter sagte, er erfahre nichts davon, wenn eine seiner Holdings gegen Börsengesetze verstosse. Kurz darauf rauschte er im Audi Q7 samt Chauffeur davon.
Vekselberg will wirken
Die Auftritte in der Öffentlichkeit sind rar, aber wohlkalkuliert. Vekselberg will wirken: Stolz zeigte er sich, nachdem er für über 100 Millionen Dollar Fabergé-Schmuck-Eier gekauft hatte. In seinem Geburtsland Ukraine lässt er Kirchen bauen und renovieren.
Vekselberg hat auch mächtige Freunde. Er zeigt sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin (63) und dessen Premier Dmitri Medwedew (50), und er darf ihre Wirtschaftspolitik öffentlich kritisieren. Schliesslich bekommen sie Schweizer Industrie-Know-how von ihm frei Haus.
«Mit einem anderen Umfeld sähen die Resultate besser aus»
Im Verwaltungsrat der Zürcher Renova Management AG schart Vekselberg Prominente um sich. Dazu gehören zum Beispiel der ehemalige Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann (67) oder der Ex-Siemens-Chef Peter Löscher (58). In dieser Beteiligungsgesellschaft bedient Vekselberg die Schalthebel seines Reichs. In den Spitzen seiner Firmen postiert er loyale Freunde.
Sie beraten ihn. «Meine Freunde und Partner treiben mich immer dazu an, schneller über meine Geschäfte zu entscheiden», sagte Vekselberg in seinem letzten grossen Interview in der Schweiz vor sechs Jahren.
Würde der Oligarch anders entscheiden, wenn er nicht von Beratern und Freunden gedrängt würde? Ein Ex-Mitarbeiter Vekselbergs sagt zu BLICK: «Hätte er andere Leute in seinem Umfeld, sähen die Resultate in der Schweiz besser aus.» Allerdings sei Vekselberg auch «weitsichtig».
Kalkuliert der Mathematiker also Rückschläge doch mit ein? 2011 scheiterten Fusionsverhandlungen von Vekselbergs «IES Holding» mit dem russischen Staatskonzern «Gazprom». Jetzt unternimmt der Oligarch einen neuen Anlauf: Laut russischen Medienberichten verhandeln die «T Plus»-Gruppe aus dem Renova-Imperium, die «IES Holding»-Nachfolgerin, und der russische Gaskonzern erneut über eine Verschmelzung – das Ergebnis wäre ein Energie-Gigant.