Gross, grösser, Mega-Resorts
Mit diesen Touristen-Dörfern pflügen Investoren die Bergwelt um

Mega-Resorts haben in den Schweizer Bergen Hochkonjunktur: Blick listet auf, wo Investoren überall Hunderte neue Tourismusbetten planen. Ein Tourismusökonom ordnet ein.
Publiziert: 29.12.2022 um 14:40 Uhr
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Aktualisiert: 29.12.2022 um 15:13 Uhr
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In Dieni GR soll ein neues Mini-Andermatt entstehen.
Foto: Andermatt Swiss Alps AG
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Während in vielen Feriendestinationen in den letzten Jahren regelmässig Hotels zugegangen sind, machen immer wieder Tourismusprojekte Schlagzeilen, deren Dimensionen jede Hüttenromantik vergessen lässt. Zuletzt im Südbündner Bergdorf San Bernardino.

Der Luganer Unternehmer Stefano Artioli (62) will im Dorf bis zu 300 Millionen Franken in mehrere Hotels, Ferienapartments und die Modernisierung der Skilifte stecken. 1500 Betten sollen auf diese Weise dem schlummernden Bergdorf zu neuem Leben verhelfen. Artioli will das gesamte Projekt bis 2025 realisieren.

Auch der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris (65) hat mit seiner Andermatt Swiss Alps AG wieder Grosses vor. In Sedrun GR will er für 170 Millionen Franken ein neues Dorfquartier aus dem Boden stampfen: 13 Gebäude, 410 Hotelzimmer, 119 Ferienwohnungen. Läuft alles nach Plan, soll der neue Dorfteil bis 2027 stehen. Sawiris hat in den letzten 15 Jahren bereits in Andermatt UR rund 1,5 Milliarden Franken in ein gewaltiges Resort mit Ferienwohnungen, Hotels und in das Skigebiet investiert.

Kartenhäuser mit Risiken

Christian Laesser (59), Tourismusökonom an der Universität St. Gallen, kennt sich mit solchen Mammutprojekten aus: «Das Niedrigzinsumfeld und die günstigen Kredite der letzten Jahre haben solchen Grossprojekten international neuen Schub verliehen.»

Die Logik dahinter sei immer ähnlich, erklärt Laesser. «Ein Investor kann einen verhältnismässig preisgünstigen Boden kaufen und entwickelt darauf ein Immobiliengeschäft samt Tourismus.» Gerade auf Brachen könne das Wertsteigerungspotenzial der Immobilien beträchtlich sein. Ob dies bei steigenden Zinsen weiterhin funktioniert, müsse sich erst noch zeigen, sagt der Experte.

Die Investoren nutzen die Gewinne aus dem Immobiliengeschäft dazu, die touristische Infrastruktur im Ort und weitere Immobilienprojekte voranzutreiben. «Geht die Rechnung auf, schaffen sie damit einen sich selbst verstärkenden Kreislauf», sagt Laesser. Doch die Projekte sind alles andere als Selbstläufer, so der Ökonom: «Bringen die Investoren das Immobiliengeschäft nicht zum Laufen, bricht das Kartenhaus in sich zusammen.»

Destinationen hoffen auf warme Betten

Grossprojekte können auch für etablierte Tourismusdestinationen eine Chance sein. Beispielsweise in Saas-Fee VS. Dort haben in der Vergangenheit zahlreiche Hotels geschlossen. Mit dem Schweden Peter Wittander (58) ist nun ein Investor da, der an sechs Standorten 67 Wohneinheiten mit 400 Betten erstellen will. Gemäss «Walliser Bote» sind 94 Prozent der Wohnungen im Wert von 72 Millionen Franken bereits verkauft.

Das Zweitwohnungsgesetz sorgt dafür, dass die neuen Eigentümer die Wohnungen in Saas-Fee vermieten müssen. Die Gemeinde darf sich deshalb auf mehr Gäste freuen. Eine derart grosse Zahl an Miteigentümern kann langfristig aber gefährlich sein. «Kurzfristig sind solche Projekte oft profitabel, vor allem für die federführenden Investoren», sagt Laesser. «Doch wenn später einmal grosse Renovationen nötig sind, können zwischen den vielen Beteiligten rasch Konflikte entstehen.»

Sawiris plant Yachthafen samt Mini-Dorf

Auch in der Unterwalliser Gemeinde Hérémence befindet sich derzeit ein 90-Millionen-Projekt vor der Fertigstellung. Die Eckdaten: 60 Hotelbetten und knapp 160 Wohnungen samt Thermal- und Wellnesszentrum. Auch hier haben die Investoren einen Teil der Wohnungen verkauft.

Und dann wäre da noch ein weiteres Sawiris-Projekt: Der Unternehmer will am Urnersee einen Yachthafen samt Mini-Dorf erstellen. Er plant ein Hotel mit 50 Zimmern, sowie 100 weitere bewirtschaftete Ferienwohnungen. Wie meistenorts stösst das Projekt in der Bevölkerung auf Zustimmung, aber auch auf zahlreiche Kritikerinnen und Kritiker.


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